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05.10.2010

Die Iren leiden – und mit ihnen die Pubs

Alkoholkonsum verlagert sich stark ins Private

Die von der Wirtschaftskrise schwer gebeutelten Iren tragen ihr Geld nicht mehr so bereitwillig in die Pubs der grünen Insel. So trifft die Krise auch die Gaststätten des Landes hart.

sda. Rund 7000 Pubs versorgen in Irland ihre Gäste mit Lebenswichtigem wie Bier, Kartoffelchips und den neuesten Neuigkeiten. In ländlichen Gegenden sind sie nicht nur Gaststätte, sondern auch eine Art soziale Einrichtung.

"Für die Iren war es früher völlig normal, jeden Tag für ein paar Drinks ins Pub zu gehen", sagt der 55-jährige Wirt Gerry Mellet. So gibt es etwa im 2000-Einwohner Ort Tullow noch heute 13 Pubs. Für schlechte Zeiten wie diese einfach zu viel.

"Jedes Jahr machen 300 bis 400 Pubs in Irland zu", sagt Mellett, der auch Vorsitzender der Vereinigung irischer Land-Pubs ist. Der Umsatz ging im vergangenen Jahr um 14.1 Prozent zurück, ergänzt der Präsident des Verbandes der irischen Getränke-Industrie, Kieran Tobin.
Im Jahr davor ging es bereits um fast 9 Prozent nach unten. Das Vertrauen der Konsumenten in die Wirtschaft sei nun einmal "massiv zurückgegangen".

Einkauf in Nordirland

Statt ihr Geld ins Pub zu tragen, legen die Iren es deshalb lieber auf die hohe Kante. Fast im Gleichschritt mit der Arbeitslosenquote ist in Irland in den vergangenen beiden Jahren der Wirtschaftskrise auch die Sparrate nach oben geschossen - von zwei bis drei auf zwölf Prozent.

Und die Preise sind nicht tiefer als vor der Krise. So kostet ein Pint dunkles Bier im Pub - etwa in Dublins Ausgehviertel Temple Bar - immer noch locker umgerechnet fast sieben Franken.

Hunderttausende Iren weichen zum Einkaufen schon ins benachbarte Nordirland aus, wo sie vom derzeit gerade günstigen Kurs des britischen Pfundes profitieren.

Nicht nur deshalb sagt etwa der Wirtschaftswissenschafter und Publizist Marc Coleman recht gelassen: "Die Krise wird ein bisschen überbewertet. Wir schaffen das schon."

Für den Niedergang der Pub-Branchen macht Wirt Gerry Mellett die Regierung des umstrittenen Ministerpräsidenten Brian Cowen mitverantwortlich. Die Promillegrenze sei von 1,00 zunächst auf 0,8 Promille und jetzt auf 0,5 Promille gesenkt worden.

"Hier auf dem Land ein Taxi zu bekommen, ist ein ernsthaftes Problem", sagt Mellett. Und 80 Prozent seines Umsatzes macht er mit Bier. Das staatlich verordnete Rauchverbot vergrault zusätzlich Gäste.

Anderswo viel billiger

Über 600'000 Franken hat Mellett in den vergangenen zehn Jahren in sein "Ardattin Inn" in einem 200-Seelen-Dorf, 90 Autominuten von Dublin entfernt, investiert: Neue Theke, neue Küche, neue Einrichtung. "In der gleichen Zeit ist der Umsatz um 40 Prozent zurückgegangen", klagt er.

Für Gerry Mellet gibt es nur eine Lösung: "Wir müssen die jungen Leute wieder ins Pub holen, sonst geht eine Kultur verloren." Derzeit ziehe es die Jugend weg von den Kneipen. "Die jungen Leute kaufen sich den Alkohol lieber im Supermarkt, dort ist er viel billiger", klagt Mellet.

Tatsächlich sind die Umsätze mit Alkohol ausserhalb der Gaststätten im vergangenen Jahr um 6.4 Prozent gestiegen, sagt Kieran Tobin vom Verband der Getränke-Industrie.

"So schlecht wie jetzt ging es den Pubs in Irland noch nie", lautet die triste Einschätzung von Mellet nach 32 Jahren hinter dem Tresen. Ans Aufhören denkt er aber nicht. Musik- oder Quizabende, hochwertige Küche oder guter Wein wären mögliche Auswege aus der Krise. "Wir werden weitermachen - was anderes haben wir nicht gelernt", sagt Mellet.

Autor: Michael Donhauser / dpa


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