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01.03.2016

Laden zu wegen Personalmangels

Deutschland: Unattraktives Branchenimage sorgt für Mitarbeiterschwund

Restaurants in Deutschland müssen schliessen, weil sie kein geeignetes Personal mehr finden. Das liegt nicht zuletzt an der Abwanderung in die Schweiz.

Das Restaurant "Vier Rosen" in Hamburg war fast jeden Abend voll. Die Gäste schätzten die feine französische Küche mit Gänseleber und Kalbsbäckchen und waren bereit, entsprechende Preise zu zahlen. "Das Geschäft lief gut", sagt Marcus Schröpfer, der das Lokal betrieb. Trotzdem musste er dichtmachen.

Der Grund ist ernüchternd: Der Hamburger fand kein geeignetes Personal mehr. In der Küche hatte er sich damit abgefunden, mit Aushilfskräften über die Runden zu kommen. Aber letztlich bekam er auch niemanden mehr für den Service. Und das in Hamburg, einer Grossstadt, die als attraktiv und lebenswert gilt.

Schreckensmeldungen aus ländlichen Gegenden ist man in Deutschland seit einiger Zeit gewohnt: Besonders in Ostdeutschland bemühen sich Hoteliers und Restaurantbesitzer oft vergeblich um geeignetes Personal.

Es gibt Horrorgeschichten wie diese aus Sondershausen in Thüringen: Die Lokalzeitung berichtet von der Odyssee einer Touristengruppe, die in der Innenstadt ein Lokal fürs Abendessen suchte. Die "Posthalterei" hatte zwar erst kürzlich wieder geöffnet, aber erneut hing ein "wegen Personalmangels geschlossen"-Schild an der Tür. Vier weitere Restaurants hatten aus demselben Grund dichtgemacht. Letztlich landete die Gruppe beim Griechen, obwohl man "typische Thüringer Küche" probieren wollte.

Die Branche in Deutschland ist alarmiert, denn das Problem zieht sich mittlerweile durch alle Bundesländer. Egal ob Norden oder Süden, beliebte Ferienregion oder langweilige Kleinstadt, vielerorts schliessen Restaurants aus Personalmangel.

Oftmals ist der Prozess schleichend: Die Betriebe hielten sich lange Zeit über Wasser, weil die Inhaber 14 bis 16 Stunden malochten, um fehlende Arbeitskräfte zu ersetzen. Irgendwann spielt da die Gesundheit nicht mehr mit. So erging es zum Beispiel Heidi Dell'Angelo-Huck, die sich in der Küche die Knie kaputt machte und im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr auf die Beine kam. Seitdem ist das Gasthaus "Rebstock" in Efringen-Kirchen Geschichte.

Es gibt weitere Beispiele aus dem baden-württembergischen Landkreis Lörrach an der Grenze zur Schweiz, wie das Restaurant Eulenspiegel (Eimeldingen). "Die Personalsuche hat so viel Kraft gekostet, wir können nicht mehr", teilt Peter Kiefer mit, der das Lokal mit seiner Frau betrieb.

In der Region führt man natürlich das "Schweiz-Argument" ins Feld, weil die Arbeitnehmer im Nachbarland mehr verdienten. Auch die Betriebe in Bayern haben ein ähnliches Problem: Angestellte profitieren im angrenzenden Österreich von einem besseren Tarifvertrag und einer günstigeren Steuer-Situation.

Aber es ist falsch, die Misere darauf zu reduzieren. Gastro-Berufe gelten in Deutschland als unattraktiv, werden in Medien und TV als Loser-Jobs dargestellt. Der Charakter der Arbeit ist in Zeiten der Vollbeschäftigung auch nicht besonders verlockend, wirken sich unregelmässige Arbeitszeiten, hohe Belastung und stressige Betriebsbedingungen doch auf Privatleben und soziale Kontakte aus. Saisonarbeit, Zeitverträge und freie Mitarbeit machen die Lage noch schwieriger.

Ausserdem herrscht hoher Konkurrenzdruck, grosse Hotelketten steigern ihre Kapazitäten auf Kosten kleiner Betriebe. Die Bewerberzahlen sind rückläufig, und die Abbrecherzahlen bei den Auszubildenden liegen je nach Studie zwischen 30 (Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten) und 50 Prozent (deutsche Bundesregierung). Das Bundesinstitut für Berufsbildung rechnet mit einem Mangel von mehr als einer halben Million Mitarbeitenden im Restaurant- und Hotelfach in den nächsten Jahren.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) gibt sich angesichts der Probleme sehr zurückhaltend. Eine allgemeine Einschätzung der Lage sei nicht möglich, weil es keine Statistik zu Schliessungen aus Personalmangel gebe.

Da sind wohl eher kreative Ideen und Einzelinitiativen gefragt: Der Berliner Gastronom Gerd Spitzer hat das Gehalt für seine Lernenden in Küche und Service verdoppelt, um sie bei der Stange zu halten. Trotzdem hat er immer noch Probleme, alle 30 Ausbildungsplätze mit geeigneten jungen Leuten zu besetzen.

Auch die Einführung des Mindestlohns in Deutschland von 8.50 Euro pro Stunde (ca. 9.30 Franken) hat bis dato keine Verbesserung gebracht. Und das, obwohl das Institut der deutschen Wirtschaft errechnet hat, dass die Mitarbeitenden im Gastgewerbe so stark davon profitieren wie kein anderer Berufsstand: Für 54 Prozent bedeutet die Einführung der Lohnuntergrenze eine Gehaltsaufbesserung.

Christian Schreiber / GastroJournal


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