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23.02.2022

4-Tage-Woche in einem Vollzeitpensum möglich?

Was es alles zu beachten gibt

Den gastgewerblichen Unternehmen fällt es immer schwerer, genügend geeignete Mitarbeitende zu finden. Manche Arbeitgeber versuchen, ihre Attraktivität mit neuen Arbeitszeitmodellen zu steigern. Dazu gehört auch die 4-Tage-Woche für Vollzeitmitarbeiter. Das ist in der Schweiz grundsätzlich möglich. Doch es ist einiges zu beachten!

Der folgende Artikel basiert auf einem Merkblatt des Rechtsdienstes von GastroSuisse. Die Aussagen sind generell und ersetzen nie eine Beratung im Einzelfall. Informationen, Hilfsmittel und Merkblätter des Rechtsdienstes sind auf der Website gastrosuisse.ch aufgeschaltet.

1. Einleitung

Für gewisse Betriebe, namentlich solche, welche keine Zimmerstunde einplanen müssen oder die Arbeitswoche für den einzelnen betroffenen Mitarbeiter nicht auf sieben aufeinander folgende Tage verlängern, könnte ein Personaleinsatz mittels einer 4-Tage-Woche vorteilhaft sein; insbesondere um allfällig eher Fach- und Hilfskräfte zu finden (höhere Attraktivität infolge dreier Ruhetage).

Mit einem reduzierten Pensum (beispielsweise naheliegenderweise zu 80%) lässt sich eine 4-Tage-Woche natürlich ohne weiteres bewerkstelligen. Aber kann ein Betrieb auch bei Vollzeitmitarbeitenden das 100%-Pensum auf vier Arbeitstage aufteilen? Fazit vorab: Ja, das ist grundsätzlich möglich. Nachfolgendes ist dabei zu beachten.

Der Landes-Gesamtarbeitsvertrag für das Gastgewerbe geht zwar implizit davon aus, dass ein Vollzeitmitarbeiter das Recht auf zwei Ruhetage pro Woche hat und dementsprechend an fünf Arbeitstagen arbeitet. Ein Verbot einer 4-Tage-Woche für einen Vollzeitmitarbeiter findet sich im L-GAV jedoch nicht.

Ob man für einzelne Mitarbeitende oder generell in einem Betrieb eine 4-Tage-Woche einführen kann, hängt konkret von einzelnen Bestimmungen ab, vor allem aus dem Arbeitsgesetz. Insbesondere ist zu berücksichtigen, zu welchen Tages- und Nachtzeiten die Arbeitsschichten zu leisten sind oder wie es sich bei gewissen individuellen Eigenschaften von Mitarbeitenden verhält.

2. Tages- und Abendarbeit

Im Arbeitsgesetz gilt eine Arbeitsleistung zwischen 6 und 20 Uhr als Tagesarbeit, während es sich bei der Arbeit von 20 bis 23 Uhr um Abendarbeit handelt. Die Tages- und Abendarbeit an einem Arbeitstag, mit Einschluss aller Pausen, muss innerhalb eines Zeitraumes von 14 Stunden liegen.

Wird ein Mitarbeitender während sieben aufeinander folgenden Tagen beschäftigt, so darf die tägliche Arbeitszeit im Zeitraum der Tages- und Abendarbeit maximal 9 Stunden betragen. Als Arbeitszeit gilt die gesamte Zeit, in der sich der Mitarbeiter zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat. Nicht zur Arbeitszeit zählt der Arbeitsweg. Pausen wiederum sind als Unterbrüche der Arbeitszeit definiert, in denen der Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz verlassen darf.

Will ein Betrieb nun das Vollzeit-Arbeitspensum von 42 Sollarbeitsstunden pro Woche nach L-GAV (43.5 Stunden in Saisonbetrieben, 45 Stunden in Kleinbetrieben) rechnerisch auf vier Arbeitstage verteilen, ergibt dies eine Sollarbeitszeit von 10.5 Stunden pro Tag. Da bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden zwingend eine Stunde Pause gewährt werden muss, liegen zwischen Arbeitsantritt und Arbeitsende im Falle des Mitarbeiters mindestens 11.5 Stunden. Die gesetzliche Maximaldauer ist damit nicht ausgeschöpft. Mitarbeitende können somit innerhalb der Tages- und Abendarbeit an vier Tagen während 10.5 Arbeitsstunden beschäftigt werden.

Wird die Pause jedoch so angesetzt, dass nach der Pause mehr als 5.5 Stunden am Stück gearbeitet werden muss, muss eine zusätzliche Viertelstunde Pause gewährt werden. Mit dieser Bestimmung ändert sich an der Ausgangslage jedoch wenig. Beachtet werden muss letztlich noch, dass täglich eine Mindestruhezeit von 11 aufeinander folgenden Stunden zu gewähren ist.

Zwischenfazit: Es ist möglich, tagsüber, das heisst in der Phase der Tages- und Abend-arbeitszeit, ein Vollzeitpensum an vier Arbeitstagen zu absolvieren.

Allfällig kann der Betrieb sogar noch eine kurze Zimmerstunde vorsehen. Ausgeschlossen ist das 4-Tage-Woche-Modell, wenn Mitarbeitende zum Teil an sieben aufeinanderfolgenden Tagen eingesetzt werden sollen.

Es versteht sich von selbst, dass 10.5 Arbeitsstunden pro Tag nicht jedermanns Sache sind, aber für gewisse Mitarbeitende können drei freie Tage pro Woche sicher ein positiver Anreiz sein. In Saison- oder Kleinbetrieben dürfte dieses Modell aufgrund der noch höheren Vollpensum-Arbeitszeiten (10.875 oder 11.25 Arbeitsstunden pro Tag) letztlich vor allem im Praxisalltag an seine Grenzen stossen. Diesbezüglich wäre es aber natürlich naheliegend, einfach ein Teilzeitpensum zu vereinbaren, welches auf die täglich erforderlichen Stunden abgestimmt ist.

3. Nachtarbeit

Die Zeit zwischen 23 und 6 Uhr gilt als Nachtarbeit. Das Gastgewerbe ist gemäss einer begünstigenden Sonderbestimmung vom allgemeinen Nachtarbeitsverbot ausgenommen (selbstverständlich sind die Schliessungszeiten nach den jeweiligen kantonalen Gastgewerbegesetzen zu beachten).

Der Beginn und das Ende der Nachtarbeit kann mit Zustimmung der Mehrheit der betroffenen Mitarbeitenden maximal eine Stunde vorgezogen (22 bis 5 Uhr) oder nach hinten (24 bis 7 Uhr) verschoben werden. In den GastroSuisse-Musterarbeitsverträgen lässt sich eine solche Zustimmung festhalten.

Aus zwei Gründen empfiehlt sich primär eine vertragliche Verschiebung der Nachtarbeit nach hinten (ab 24 Uhr). Einerseits müssen so weniger oder gar keine Lohn- und Zeitzuschläge bezahlt bzw. gewährt werden. Andererseits kann so in vielen Fällen die Bestimmung gemäss Art. 17a Abs. 1 ArG umgangen werden, wonach bei Nachtarbeit die tägliche Arbeitszeit 9 Stunden nicht überschreiten darf und inklusive aller Pausen innerhalb von 10 Stunden liegen muss.

Zu beachten ist, dass dieser Artikel auch Anwendung findet, wenn Mitarbeitende nur einen kleinen Teil ihrer Arbeitszeit als Nachtarbeit leisten (beispielsweise etwa von 23 bis 23.30 Uhr, wenn keine Verschiebung der Nachtarbeit nach hinten festgelegt wurde).

Kommt es bei einem Mitarbeitenden in einer Woche auch zu Nachtarbeit, kann die wöchentliche Sollarbeitszeit nicht mehr so einfach auf vier Schichten à 10.5 Arbeitsstunden aufgeteilt werden. An Tagen mit Nachtarbeit darf ein Mitarbeiter eben höchstens 9 Arbeitsstunden exklusive der gesetzlich vorgesehen Mindest-Pause von einer Stunde leisten.

Eine kleine Erleichterung bringt die Vorschrift gemäss Art. 17a Abs. 2 ArG: Wird ein Mitarbeiter an höchstens 3 von 7 aufeinander folgenden Nächten beschäftigt, darf die Arbeitszeit unter besonderen Voraussetzungen 10 Stunden betragen, sofern sie innerhalb eines Zeitraumes von 12 Stunden liegt.

Der Arbeitnehmer darf dabei keinen ausserordentlichen physischen, psychischen oder mentalen Belastungen ausgesetzt sein und der Arbeitseinsatz muss so organisiert sein, dass die Leistungsfähigkeit der Arbeitsnehmers erhalten bleibt und dadurch die Entstehung von Gefahrensituationen vermieden werden kann. Zusätzlich muss der Mitarbeiter in einer medizinischen Untersuchung als geeignet für Nachteinsätze eingestuft worden sein und die effektive Arbeitszeit von 10 Stunden darf innerhalb von 24 Stunden nicht überschritten werden.

Zwischenfazit: Muss oder will ein Mitarbeitender Nachtarbeit leisten, macht dies eine 4-Tage-Woche grundsätzlich nicht unmöglich. Die Planung wird jedoch schwieriger. Und in Fällen mit einem regelmässigen, hohen Anteil von Nachtarbeit wird eine 4-Tage-Woche nicht mehr machbar sein. Zentral ist generell die Verschiebung der Nachtarbeit nach hinten (24 Uhr bis 7 Uhr).

4. Sonntagsarbeit

Gemäss der Verordnung zum Arbeitsgesetz darf ein gastgewerblicher Arbeitgeber seine Arbeitnehmer ohne Bewilligung ganz oder teilweise an einem Sonntag beschäftigen. Bekanntlich entfällt somit für das Gastgewerbe das allgemeine sonntägliche Arbeitsverbot, welches in anderen Branchen gilt. Ferner ist eine Sondervorschrift zu beachten, wonach einem Mitarbeitenden vier freie Sonntage pro Kalenderjahr zu gewähren sind (bei Erziehungs- oder Betreuungspflichten sind es 12 freie Sonntage pro Jahr).

Zwischenfazit: Der Einbezug von Sonntagsarbeit, auch regelmässiger Sonntagsarbeit, ist bei einer 4-Tage-Woche möglich.

5. Überstunden und Überzeit

Auch für Mitarbeitende mit einer 4-Tage-Woche gelten natürlich die Vorschriften betreffend Überstunden und Überzeit. Als Überstunden gelten die Arbeitsstunden, welche über der wöchentlichen Sollarbeitszeit nach L-GAV liegen – bis zu total 50 Arbeitsstunden. Überstundenarbeit ist, sofern betrieblich notwendig, vom Arbeitnehmer im Rahmen der OR-Bestimmungen zu leisten.

Die Abgeltung von Überstunden richtet sich nach dem L-GAV. Als Überzeit gilt die Arbeitszeit, welche 50 Arbeitsstunden pro Woche überschreitet. Für Überzeit ist ein Lohnzuschlag geschuldet oder es ist die Überzeit im Einverständnis mit dem Mitarbeitenden innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu kompensieren. Ein solches Einverständnis ist in den Musterarbeitsverträgen von GastroSuisse festgehalten.

Zwischenfazit: Die geltenden Überstunden- und Überzeitbestimmungen verunmöglichen auch in einem Vollzeitpensum eine 4-Tage-Woche nicht. Müssten jedoch (zu den bereits hohen täglichen Arbeitszeiten) regelmässig noch Überstunden und Überzeit geleistet werden, wären rasch die Vorschriften über die Tages-, Abend- und Nachtarbeit sowie der Einhaltung der Ruhezeiten tangiert.

6. Jugendliche, Schwangere und stillende Mütter

Für Jugendliche, Schwangere und stillende Mütter gibt es eine Vielzahl von Sondervorschriften. Zentral ist, dass vor dem vollendeten 18. Altersjahr die tägliche Höchstarbeitszeit 9 Stunden nicht überschreiten darf.

Das Gleiche gilt für Schwangere sowie stillende Mütter. Wenn bei einer Mitarbeiterin das 4-Tage-Woche-Modell vor Eintritt der Schwangerschaft schriftlich vereinbart wurde, müsste der Arbeitgeber mit Beginn der Schwangerschaft die tägliche Arbeitszeit auf 9 Stunden reduzieren und gleichzeitig dennoch die volle Vergütung leisten. Damit wäre also eine schwangere Mitarbeiterin nur noch verpflichtet, vier mal neun Stunden, also insgesamt 36 Arbeitsstunden anstatt der wöchentlichen Sollarbeitszeit von 42, 43.5 oder 45 Stunden zu leisten.

Ein Ausweg bietet sich allenfalls an, wenn das Arbeitszeitmodell nicht schriftlich fixiert wurde, sondern namentlich durch Goodwill des Arbeitgebers (über einen kürzeren Zeitraum) gewährt wurde, womit die Rückkehr zu einer 5-Tage-Woche denkbar wäre.

Zwischenfazit: Bei Jugendlichen, Schwangeren und stillenden Müttern ist eine 4-Tage-Woche in einem Vollzeitpensum (zu 42, 43.5 oder 45 Stunden) nicht möglich.

7. Weitere Bestimmungen

Es sind grundsätzlich keine weiteren wesentlichen Bestimmungen ersichtlich, welche die 4-Tage-Woche speziell tangieren. Dies gilt insbesondere auch für die Berechnung der Ferien- und Ruhetagguthaben, welche wie generell üblich vorgenommen werden kann. Es wird diesbezüglich auf die entsprechenden Merkblätter und Berechnungstools des Rechtdiensts von GastroSuisse verwiesen.

8. Schlussfazit

Eine 4-Tage-Woche in einem Vollzeitpensum ist (theoretisch) fast immer realisierbar – unter Berücksichtigung der vorstehenden Bestimmungen. Bei Fragen im Einzelfall wenden sich Mitglieder an den Rechtsdienst von GastroSuisse.

Ergänzung / Wir empfehlen folgende Vertragsklausel: «Die Vereinbarung einer Viertagewoche steht uneingeschränkt unter der Bedingung, dass der Mitarbeitende an seinen vier Arbeitstagen zum ursprünglich vereinbarten, vollen Arbeitspensum eingesetzt werden kann. Ändert sich diese Voraussetzung (unerheblich aus welchen Gründen sowie verschuldensunabhängig), erklärt sich der Mitarbeitende bereit, seine Arbeitsleistung sodann bis auf Weiteres an bis zu sechs Arbeitstagen pro Woche zu erbringen.»


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