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23.04.2025
Katholiken bevorzugt
Toggenburger Wirtshauspolitik der St. Galler Fürstäbte
Wie die St. Galler Fürstäbte im 17. und 18. Jahrhundert versuchten, im Toggenburg für mehr Wirtshäuser in katholischer Hand zu sorgen.
Im Jahre 1747 meinte ein Lichtensteiger Beamter mit Blick auf ein Verzeichnis der Toggenburger Wirtshäuser sichtlich resigniert: «So bleiben von den obigen 15 mehro nicht als 9 Catholische, die Reformierten aber haben 27. Da doch all diese Orth mixtae religionis (gemischtkonfessionell, reformiert und katholisch) mithin wan sie so strikte zue observieren ist, die Catholischen und Reformierten jeden Theil 18. haben solten an mixten Orthen.»
Umstrittene Vergabe von Wirtshauslizenzen
Nach der vernichtenden Niederlage der katholischen Orte (=Kantone) im Zweiten Villmergerkrieg von 1712, auch «Toggenburgerkrieg» genannt, regelte der Friedensvertrag von Baden von 1718 auch die Vergabe der Wirtshauslizenzen im gemischtkonfessionellen Untertanengebiet des Fürstabts von St. Gallen, im notorisch unruhigen Toggenburg, wo eine selbstbewusste reformierte Gruppierung immer wieder versuchte, die Herrschaft des katholischen Landesherrn abzuschütteln und sich dabei an Zürich orientierte.
Gasthäuser, Pinten und Tavernen sollten nach 1718 paritätisch, das heisst gleichteilig an Katholiken und Reformierte vergeben werden. Das war ein grosser politischer Erfolg für die Reformierten.
Wirtshäuser dienten den renitenten Reformierten manchmal als Versammlungsort, und sie legten Wert darauf, von einem mehr oder weniger gleichgesinnten protestantischen Wirt bedient zu werden, der sie nicht an die Obrigkeit verriet. Im gebirgigen Obertoggenburg (Passland) stellten die Reformierten die eindeutige Mehrheit und waren teilweise wohlhabende Grossviehbauern oder Textilhändler.
Im 17. Jahrhundert noch, vor der oben erwähnten «Entscheidungsschlacht» von Villmergen (Kanton Aargau) 1712, hatten die katholischen Fürstäbte von St. Gallen alles darangesetzt, das Toggenburg möglichst zu rekatholisieren.
Da sie Inhaber der «Täffry» waren, also Schanklizenzen vergeben konnten und Wirte auf das «Grosse Landmandat» (=Landesgesetz) vereidigen liessen, traten sie als mächtige Patrons auf, die willige katholische Klienten suchten («Klientelismus» ist ein Begriff aus der Ethnologie/Völkerkunde).
Gewisse «Tavernen», also herrschaftliche, grosse Wirtshäuser mit Zimmern und Stallungen, sollten als eigentliche strategische Posten dienen, denn die Fürstäbte verfügten lediglich über wenige, teure professionelle Beamte. Wirte traten an ihre Stelle und überwachten das gesellige Leben der Dörfer. Bestehende katholische Wirtshäuser sollten laut «Bestallungstexten» (=Verträgen) nicht in «Uncatholische Hand» fallen.
Wirte im Visier
In Degersheim erhielt ein Dorfgenosse das Schankrecht, weil er ein aufrechter Konvertit gewesen sein soll. Fürstabt Leodegar Bürgisser plädierte für einen einzigen katholischen Wirt in Brunnadern (Neckertal) und entfernte im Jahr 1697 sogar den reformierten «Sternenwirt» in Magdenau..
Reformierte Wirte der Oberschicht wurden als mögliche Anführer bei Rebellionen besonders ins Visier genommen und oftmals scharf gebüsst. Dagegen regte sich natürlich Widerstand seitens der Protestanten. Es gärte, und es war nur eine Frage der Zeit, bis sich der Hass der Reformierten gegen den Katholizismus in offenem Widerstand entlud.
Brändle, Fabian. Toggenburger Wirtshäuser und Wirte im 17. und 18.Jahrhundert. In: Brändle, Fabian, Lorenz Heiligensetzer und Paul Michel (Hg.). Obrigkeit und Opposition. Drei Beiträge zur Kulturgeschichte des Toggenburgs aus dem 17./18. Jahrhundert. Wattwil 1999, S. 7-52. CHF 24.
Vgl. auch, stark prokatholisch, aber materialreich: Duft, Johannes. Die Gluabenssorge der Fürstäbte im 17. und 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Seelsorgegeschichte der katholischen Restauration als Vorgeschichte des Bistums St. Gallen. Luzern 1944.
Dr. phil. Fabian Brändle, Historiker und Volksschriftsteller, Wil SG
fabianbraendle@hotmail.com
- Verschlagene Gastwirte in Brasilien um 1900
- Urnäscher Beizenkunde, auch von eigensinnigen Menschen
- Gastronomen als oppositionelle und demokratische Politiker im 18. Jahrhundert

Dossier: Geschichte
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