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11.03.2019
Motion gegen Parallelimporte!
FDP-Ständerat will Kartellgesetz verwässern
Der Waadtländer FDP-Ständerat Olivier Français will mit einer Motion das Kartellgesetz abschwächen. Laut Text soll zwar «die Gesetzgebung im Wettbewerbsbereich wirksamer gestaltet werden». In Wirklichkeit widerspricht die Motion jedoch dem bewährten Konzept zur Beurteilung von Wettbewerbsabreden. Der entsprechende Artikel des Kartellgesetzes verlöre seine präventive Wirkung: Unternehmen könnten beinahe ungehindert Parallelimporte durch Abreden verhindern!
Bei einigen Formen von Abreden ist nicht zum vornhinein klar, ob sie wettbewerbsfördernde oder aber wettbewerbsbeschränkende Wirkung haben. Die Gesetzgebung verhindert deshalb, dass Bagatellfälle näher auf Zulässigkeit beurteilt werden. Nur Abreden, die den Wettbewerb mindestens erheblich beeinträchtigen, sollen näher geprüft werden.
Von Preis-, Mengen- und Gebietsabreden weiss man jedoch aus Erfahrung, dass sie potentiell schädlich sind. Die Gesetzgebung vermutet daher, dass sie zur Beseitigung wirksamen Wettbewerbs führen. Die Behörden erachten solche harten Abreden in jedem Fall als «erheblich». Diese Praxis hat das Bundesgericht im Fall «Gaba/Elmex» bestätigt.
Die Motion Français will nun, dass die Frage der Erheblichkeit neu in allen Fällen gestützt auf qualitative und quantitative Kriterien beurteilt werden muss. Eine Abrede soll nur dann als erheblich gelten und näher zu prüfen sein, wenn vorher nachgewiesen wird, dass sie auf einem Markt auch tatsächlich Auswirkungen hat.
Das hätte zur Folge, dass kartellrechtlich relevante Abreden doppelt geprüft werden müssten: Zunächst bei der Frage, ob die Abrede überhaupt erheblich ist und dann nochmals bei der Effizienzprüfung. Die Nutzung jahrzehntelanger Erfahrungen bezüglich der Schädlichkeit von Wettbewerbsabreden würde verunmöglicht!
Marktabschottungen zwischen der Schweiz und dem Ausland sind eine der Ursachen der Hochkosteninsel. Sie erfolgen oft durch Abreden resp. Vertriebsverträge, bei denen die einzelne Abrede, der einzelne Vertriebsvertrag für sich allein quantitativ nicht sehr bedeutsam ist.
Solche Abreden könnten bei einer Umsetzung der Motion Français kaum mehr unterbunden werden. Dann wäre es Anbietern möglich, Parallelimporte oder Direkteinkäufe im Ausland weitgehend zu verhindern. Dabei wollte die Gesetzgebung 1995 und 2003 ausdrücklich das Gegenteil!
Mit Abreden, die einzeln beurteilt quantitativ nicht sehr gewichtig, die aber sehr zahlreich sind, könnte die diskriminierungsfreie Beschaffung von Waren und Dienstleistungen im Ausland weitgehend unterbunden werden. Erlaubt man beispielsweise BMW, Parallelimporte in die Schweiz durch Abrede zu untersagen, dann dürften das alle anderen Hersteller auch tun.
Entsprechendes gilt auch für harte horizontale Kartelle. Die von Ständerat Français geforderte Verwässerung würde unter anderem dazu führen, dass Preisabreden unter Konkurrenten im Bausektor zukünftig auf ihre quantitativen Wirkungen hin geprüft werden müssen. Vieles würde von der Marktabgrenzung im Einzelfall abhängen.
Gewisse harte Preiskartelle, welche für die betroffenen Bauherren sehr schädlich sind, wären zukünftig aufgrund zu wenig erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung zulässig. Die Verwaltungsratsmandate von Herrn Français deuten hier auf einen möglichen Beweggrund für den Vorstoss hin. Eine Umsetzung seiner Motion würde nämlich die Anwendung des heute sehr wirksamen Art. 5 KG wesentlich behindern. Damit würde einer der Hauptpfeiler des Kartellgesetzes massiv eingeschränkt!
Maurus Ebneter
Präsident Wirteverband Basel-Stadt
- Das Gewerbe braucht ein starkes Kartellrecht
- Bundesrat bleibt auf halbem Wege stecken
- Volkswirtschaftsdirektoren wollen Verschärfung des Kartellgesetzes
Dossier: Kartelle
Permanenter Link: https://www.baizer.ch/aktuell?rID=6753
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