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31.05.2019

«Die Berufslehre aus der Sicht des Gastes kreieren»

Interview mit GastroSuisse-Vorstandsmitglied Bruno Lustenberger

Bereits ab August 2019 profitieren die jungen Restaurantfachleute von einer neuen Ausbildungsform: Sie können die Ergänzungskompetenz wählen. Bruno Lustenberger, im Vorstand der Hotel & Gastro formation, erklärt, weshalb die Branche davon profitieren wird.

Das Profil des Restaurantberufs soll überarbeitet werden. Wie weit sind Sie?

Bruno Lustenberger: Wir stehen kurz vor dem Abschluss. Es geht jetzt darum, dass die Berufsbildner entsprechend informiert und ausgebildet werden. Die Hotel & Gastro formation hat adäquate Kurse in der ganzen Schweiz ausgeschrieben, damit die Berufsbildner wissen, was auf sie zukommt.

Was kommt auf sie zu?

Die wichtigste Neuerung ist die sogenannte Ergänzungskompetenz. Ab dem zweiten Lehrjahr kann man sich zum Jungsommelier, Barista, Barkeeper und zum Chef de Rang ausbilden. Die Wahl dieser Fachrichtungen wird neu durch den Lehrbetrieb festgelegt und im Lehrvertrag festgehalten. Wenn jemand im Betrieb keine Bar führt, muss man auch niemanden zum Barman ausbilden.

Ein überbetrieblicher Kurs wird exklusiv den Ergänzungskompetenzen gewidmet sein. Wir werden die Jungbaristas, die Jungsommeliers und so weiter wo nötig über die Kantonsgrenzen hinaus zusammenziehen und für sie einen spezifischen Kurs anbieten.

Wann genau geht es los?

Die Lehrverträge, die jetzt für den Lehrbeginn ab August 2019 abgeschlossen werden, profitieren von diesem System im Rahmen der dreijährigen Lehre. Eine analoge Lösung für die Kochlehre führen wir ab 2021 ein. Bei den Köchen wird es wohl ebenfalls zu Ergänzungskompetenzen kommen, bei der sich der Nachwuchs in neuen Techniken ausbilden kann, etwa Langzeitgaren, Sous-vide, Räuchern oder veganes Kochen. Wichtig ist, dass wir für die Bedürfnisse der Betriebe ausbilden.

Wie spüren Sie den Puls der Branche?

Die Kommissionen und Arbeitsgruppen bestehen aus Fachkräften von der Front. Die wissen genau, was die Bedürfnisse der Branche sind.

Wie ist das Echo?

In den Betrieben ist es noch zurückhaltend. Wir sind aber überzeugt, dass die Jugendlichen begeistert sein werden. Sie können mitbestimmen, in welche Richtung die Ausbildung der Lehre geht. Für die Jugendlichen ist die neue Ausbildungsform ein klarer Gewinn. Wir wollen so den Beruf attraktiver gestalten.

Weil sich immer weniger für eine Lehre im Gastgewerbe entscheiden.

Ganz klar. Das Hauptproblem ist unser Image. In den Schulen wird zu negativ über unseren Berufsstand berichtet. Dort wird die Kantonsschule oder das KV öfter empfohlen. Es ist viel zu wenig bekannt, dass wir attraktive Berufe und gute Löhne haben.

Und unsere Branche hat Köche hervorgebracht, die heute Weltstars sind. Ich denke etwa an Daniel Humm in New York. Genau solche Erfolgsgeschichten müssen wir erzählen. Und wir müssen aufhören, nur immer zu jammern. Je mehr wir jammern, desto tiefer fallen wir. Wir müssen selbstbewusster auftreten und haben allen Grund dazu. Aber wir verkaufen unsere Dienstleistung schlecht. Jeder Handwerker lässt sich besser bezahlen als wir. Wir sind Amateure im Einkassieren.

Sie müssten die Preise in den Restaurants erhöhen?

Ja. Aber das ist in diesem kompetitiven Umfeld fast nicht möglich.

Was ist also zu tun?

Wir müssen den Kunden plausibel machen, weshalb ein Preis seine Berechtigung hat. Wenn jemand für den Kaffee 4.20 Franken bezahlt, sind der Service, die Zeitung, der Parkplatz, der Strom, die Mehrwertsteuer und das WC inklusive. Wenn man alle diese Leistungen aufrechnet, kostet der Kaffee fast nichts mehr. Genau das sollten wir den Gästen vermitteln.

Wie sollen die Gastgeber dabei vorgehen?

Wir müssen jedem Gast sagen, weshalb der Preis gerechtfertigt ist. Es ist falsch zu sagen, das Hahnenwasser kostet so und so viel. Jedes Kind weiss, dass es nur ein paar Rappen kostet. Wir müssen vermitteln, dass die Dienstleistung etwas kostet. Dann kommen keine Diskussionen mehr auf. Letztlich betrifft diese Haltung eben auch die Fachkräfte von morgen.

Sind Sie optimistisch?

Ja, es folgen nun geburtenstarke Jahrgänge. Unser Ziel ist, dass wir wieder mehr Restaurantfachleute ausbilden. Hilfreich wird sicher sein, dass die Lerndokumentation digital geführt ist. Das heisst, die Jungen müssen keine Ordner mehr wälzen. Die Berufsbildner und die Schule haben auf diese digitalisierten Unterlagen Zugriff.

Und wenn in Zukunft Restaurantfachleute an die Prüfungen gehen, müssen sie nicht mehr kleine Häppchen oder Salate zubereiten, damit sie einen Einblick in die Küche haben. Das ist nicht ihr Job. Sie sollen zu den Gästen schauen, sie als Gästebetreuer abholen. Wenn wir das schaffen, haben wir gewonnen.

Wir müssen die Lehre aus der Sicht des Gastes kreieren. Da hilft schliesslich auch unser kantonales Ausbildungszentrum, das wir am 1. Januar 2020 in Lenzburg eröffnen. Die Küche besteht aus 24 identischen Arbeitsplätzen, bei der jeder mit Kombidämpfern und ohne konventionelle Herdplatten eingerichtet ist. Das wird schweizweit einmalig sein.

Was ist Ihr Tipp beim Abholen des Gastes?

Es kommt auf den Kunden an. In unserem Betrieb haben wir viele Gäste aus der Industrie. Da müssen wir schauen, dass die Manager zuerst einmal runterfahren, vielleicht mit einem guten Wort und einer coolen Empfehlung. Wer ein Restaurant in einer Tourismusregion betreibt, sollte die schöne Schweiz vermitteln – mit entsprechenden authentischen Getränken und Speisen.

Hier wie dort ist aber klar: Es gibt viele einsame Gäste. Sie an einen Tisch zu setzen und zusammenzuführen, kommt in der Regel gut an. In diesem Bereich gibt es beispielhafte Betriebe wie zum Beispiel das Restaurant Einstein in Aarau. Klar, mit Schweizern ist das nicht so einfach wie mit anderen Nationen. Aber es funktioniert!

Bruno Lustenberger (55) ist Präsident von GastroAargau, Vorstandsmitglied von GastroSuisse und Gastgeber in der Krone Aarburg. Als langjähriger, ehemaliger Präsident der Hotel & Gastro formation (HGF) Aargau und heutiges Vorstandsmitglied der HGF Weggis beschäftigt er sich seit Jahren mit der Aus- und Weiterbildung in der Branche.

Reto E. Wild / GastroJournal

Bruno Lustenberger: «Es ist viel zu wenig bekannt, dass wir attraktive Berufe und gute Löhne haben.»


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