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11.12.2020
Vom Kantönligeist und weiteren Hürden
Ein Beitrag von Sascha Brestler
Es ist nicht einfach im Moment den Überblick über alle Massnahmen in den einzelnen Kantonen zu behalten. Wenn man als Gastronom dann noch in drei Kantonen einen Betrieb leitet, wird es schnell zum Spiessrutenlauf. Ein Wochenrückblick mit einem Basler Gastronomen.
Es ist Donnerstag. Ich sitze allein im Büro im Basler Zunfthaus mit zwei dicken Pullovern eingepackt. Die Heizung in der Schlüsselzunft ist auf das Minimum eingestellt, nur die wichtigsten Kühlanlagen laufen noch, und natürlich mein Computer, auf dem ich die Zahlungen, die Arbeitszeiterfassung und vieles mehr aus unseren drei Betrieben verarbeite. Das zentrale Büro in Basel war, bis vor Corona, ein wichtiger Standpunkt unserer Firma. Sparen wir doch viel Zeit und Kosten mit einer zentralisierten Administration.
Unter mir brummt eine Schleifmaschine, ein Arbeiter verlegt ein neues Parkett in der Vorgesetztenstube. Wir haben es gut, unser Vermieter kommt uns nicht nur mit dem Mietzins ein grosses Stück entgegen, er investiert auch noch in den Werterhalt des Hauses und nutzt den Lockdown zur Auffrischung der Liegenschaft.
Morgen dann Kantonswechsel. Ich bin an der Reception im Schloss Schadau in Thun eingeplant. So kann dort ein Mitarbeiter einen weiteren Kurzarbeitstag beziehen und wird durch mich ersetzt. Denn mein Lohn ist nicht gedeckt bei der Kurzarbeit. Die letzten beiden Abende war ich nach dem Büro noch Kellner im Gasthof Solbad, unserem Betrieb in Baselland. Auch hier konnten wir wieder ein paar Stunden eines Mitarbeiters einsparen, der Anspruch auf Kurzarbeit hat.
Am Samstag wird dann wahrscheinlich nochmals ein Bürotag folgen. Die Arbeitslosenkasse Baselland hat sich gemeldet. Ich habe für die Kurzarbeitsentschädigung seit September das falsche Formular benutzt und sie kommen mit meinen Unterlagen nicht zurecht. Aha, bis Ende August sind sie mit meinen Unterlagen zurechtgekommen, jetzt plötzlich nicht mehr. Nett auch, dass man mir erst nach Einreichung des Monats November mitteilt, dass ich seit drei Monaten das falsche Formular benutze.
Hätte ich dies zwei Monate früher erfahren, könnte ich mir für den kommenden Samstag ein paar freie Stunden gönnen und das Geld für immerhin drei Monate wäre auch schon auf dem Konto. Dann müsste ich auch nicht zittern, ob unsere 80 Mitarbeiter ihren Lohn im Dezember bekommen. Denn wenn nichts mehr da ist, kann ich auch nichts überweisen.
Heute erwarten wir dann weitere Entscheide des Bundesrats über die zukünftigen Öffnungszeiten unserer Betriebe. Im Moment haben wir in Basel-Stadt geschlossen, in Basel-Land dürfen wir bis 23.00 Uhr Gäste bewirten und in Bern bis 21.00 Uhr. Aber halt, das ist ja auch ein Hotel, die Hotelgäste dürfen dort länger bewirtet werden. Aber nochmals halt, sie müssen komplett separiert werden von den anderen Gästen, dürfen nicht einmal dieselbe Toilette benutzen.
Mehr als 50 Gäste dürfen aber im Kanton Bern auch nicht im Restaurant sitzen, egal wie gross das Haus ist und egal ob Hotel- oder Restaurantgast. Da müsste man also doch glatt noch eine Stelle als Zählmeister schaffen und subito eine weitere WC-Anlage bauen. Fragt sich nur, wer zahlt das noch?
Nun aber noch ein weiterer Schwank zum Thema Kantönligeist. Ich bin ja in unserer Firma der Herr über die Zahlen und das «Eytsch-Ahr» und somit sollte ich auch alle Fäden ziehen, an welchen unsere AG noch ein bisschen Unterstützungsgelder herausholen kann.
Vor einigen Tagen noch, habe ich die zahlreichen Unterlagen zusammengetragen, um das Restaurant Schlüsselzunft für den Härtefallfond der Stadt Basel anzumelden. Dies ist mir auch gelungen, da wir eine Betriebsstätte mit Steuerdomizil in Basel-Stadt sind. Wir dürfen hier also auf 3.9% der UVG-Lohnsumme von 2019 hoffen und könnten so das Loch in der Kasse wieder mit ein paar Tausendern auffüllen. Die Voraussetzungen waren relativ einfach erfüllt, hat doch die Schlüsselzunft in diesem Jahr mehr als 70% des normalen Umsatzes verloren.
Anders sieht es aus bei der Härtefallhilfe des Kantons Baselland aus. Für die ganze Firma, da in drei Kantonen am Arbeiten, ist der Kanton des Hauptsitzes zuständig. Heute Morgen habe ich den Self-Check gemacht – ohne Schummeln. Im Moment besteht kein Anspruch auf Unterstützung.
Wenn ich die Antwort bei der Frage «haben Sie einen Umsatzverlust von 40% oder mehr» aber mit «trifft zu» beantworte, dann schon. Jetzt weiss ich aber noch gar nicht, ob die Gesamtfirma einen Umsatzverlust von mehr als 40% hatte, per Stand heute sind es nämlich exakt 39.75% und ich wollte ja nicht lügen beim Self-Check.
Nun stellt sich mir als Zahlenmensch aber die grosse Frage, soll ich denn nicht gescheiter die Betriebe sofort schliessen? Dann kommen wir nämlich auf den geforderten Verlust von mindestens 40%. Auch stellt sich mir die Frage, warum nur waren wir so blöd und haben beim ersten Lockdown die Kantine in unserem Gasthof Solbad weiter betrieben. Es war zwar defizitär, aber wir wollten ja unserem Hauptkunden, den Mitarbeitern der umliegenden Firmen, nicht auch noch die Kantine schliessen.
Ausserdem war es eine gute Möglichkeit unseren Küchenchef (da Mitinhaber eben auch nicht auf der Liste der Kurzarbeit) und unsere Kochlernenden ein bisschen zu beschäftigen und vor allem auch weiter auszubilden.
Und was ist mit unseren vielen Gäste die am Heiligabend, an Weihnachten und Silvester einen Tisch in der Schlüsselzunft reserviert haben? Oder gar ein Hotelzimmer im Schloss Schadau? Also doch nicht schliessen, lieber hoffen, dass wir nicht mehr allzu viel Umsatz generieren und doch noch über die 40% kommen.
Wie auch immer es kommen mag, ich werde weiterhin an jedem Faden ziehen und hoffen, dass eine Hilfe auftaucht. Immerhin kann ich nachts noch gut schlafen. Zumindest, seit ich von meinem Arzt diese Tabletten bekommen habe.
Schade, so habe ich mir mein 20jähriges Firmenjubiläum nicht vorgestellt.
Sascha Brestler
Solbad Gastronomie AG
Die Solbad Gastronomie betreibt die Restaurants Solbad in Schweizerhalle BL, Schlüsselzunft in Basel und das Hotel Schloss Schadau in Thun.
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