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26.01.2021
Wiedereinführung des Bettelverbotes wird verzögert
Situation nach dem Urteil des Menschenrechtsgerichtshofes
Nach einem – noch nicht rechtskräftigen – Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zum Genfer Bettelverbot verstösst ein allgemeines, pauschales Bettelverbot gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Der Basler Regierungsrat wird deshalb in einem Zwischenbericht zur Motion, mit deren Überweisung der Grosse Rat Mitte Dezember 2020 die Wiedereinführung des Bettelverbotes gefordert hat, die entsprechenden Auswirkungen auf Basel-Stadt ausführen sowie Alternativen aufzeigen, die rechtlich zulässig und praktisch sinnvoll sind.
Der vom EGMR behandelte Fall betraf eine rumänische Roma, die in Genf gestützt auf das Genfer Übertretungsstrafgesetz wegen Bettelns zu einer Busse in Höhe von 500 Franken respektive einer fünftägigen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt worden war.
Der EGMR gelangte in seinem Urteil vom 19. Januar 2020 zum Schluss, dass diese Sanktionen gegen das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK) verstösst. Dazu gehöre auch das Recht, andere Menschen öffentlich um (finanzielle) Hilfe zu bitten.
Der EGMR anerkennt zwar grundsätzlich, dass sich eine Reglementierung der Bettelei durch die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, den Schutz von Kindern und den Kampf gegen den Menschenhandel rechtfertigen könne, und ebenso das öffentliche Interesse am Schutz der Rechte von Passanten, Einwohnern und Geschäftsinhabern vor namentlich aggressiven Formen des Bettelns.
Das Genfer Bettelverbot bestrafe das Betteln jedoch in pauschaler Weise, unabhängig von der Person der oder des Bettelnden, der Art und Weise sowie dem Ort des Bettelns. Die gegen die Klägerin verhängte Strafe erweise sich als nicht verhältnismässig, zumal es sich bei der Betroffenen um eine äusserst schutzbedürftige Person handle.
Das vorliegende Urteil betrifft einen konkreten Einzelfall. Trotzdem dürfte sich ein allgemeines Bettelverbot, wie von der Motion Joël Thüring betreffend Wiedereinführung des Bettelverbots im Kanton Basel-Stadt gefordert und infolgedessen vom Grossen Rat in Auftrag gegeben, nach dem sehr grundsätzlich formulierten Urteil nicht mit der EMRK vereinbaren lassen.
Der Regierungsrat wird deshalb die rechtliche Zulässigkeit der Motion neu beurteilen und dem Grossen Rat im Frühling einen Zwischenbericht vorlegen. In diesem sollen die Auswirkungen des Urteils auf die vom Parlament gewünschte Revision des Übertretungsstrafgesetzes detailliert aufgezeigt werden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Parteien können innerhalb von drei Monaten nach dem Datum der Verkündung des Urteils einen Antrag auf Verweisung der Rechtssache an die Grosse Kammer des EGMR stellen. Für die Vorlage des Zwischenberichts an den Grossen Rat wartet der Regierungsrat die Rechtskraft des Urteils ab.
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