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24.07.2022
Viele Lebensmittel würden teurer
Nein zur Volksinitiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz»!
Am 25. September 2022 entscheiden die Stimmbürger über die Volksinitiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz». Sie will die Massentierhaltung verbieten, weil dabei das Tierwohl systematisch verletzt werde. Der Bund müsste für die Tierhaltung strengere Mindestanforderungen festlegen. Diese würden auch für Importprodukte gelten. Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab. Würde und Wohlergehen der Tiere sind bereits gesetzlich geschützt und immer mehr Nutztiere werden besonders tierfreundlich gehalten. Ein Importverbot für Produkte ohne Bio-Standard in der Tierhaltung wäre nur mit sehr grossem Aufwand durchzusetzen. Viele Lebensmittel würden teurer.
Die Schweiz hat eines der weltweit strengsten Gesetze zum Schutz der Tiere. Würde und Wohlergehen von Tieren sind geschützt, unabhängig davon, wie viele Tiere an einem Ort gehalten werden. Der Bund fördert zudem landwirtschaftliche Produktionsformen, die besonders naturnah, umwelt- und tierfreundlich sind. Das schreibt die Verfassung vor. Immer mehr Nutztiere leben in speziell tierfreundlichen Ställen und haben regelmässig Zugang ins Freie.
Die Initiative will den Schutz der Würde von Nutztieren wie Rindern, Hühnern oder Schweinen in die Verfassung aufnehmen. Sie will zudem die Massentierhaltung verbieten. In der Initiative ist sie definiert als «industrielle Tierhaltung zur möglichst effizienten Gewinnung tierischer Erzeugnisse, bei der das Tierwohl systematisch verletzt wird».
Der Bund müsste strengere Mindestanforderungen festlegen für eine tierfreundliche Unterbringung und Pflege, den Zugang ins Freie, die Schlachtung und die maximale Gruppengrösse pro Stall. Diese Anforderungen müssten mindestens den Bio-Suisse- Richtlinien von 2018 entsprechen und alle Landwirtschaftsbetriebe müssten sie bei der Tierhaltung einhalten.
Die strengeren Bio-Vorgaben für die Tierhaltung sollen auch für Importprodukte gelten. Lebensmittel tierischer Herkunft, die diesen nicht entsprechen, dürften nicht mehr importiert werden. Davon betroffen wären nicht nur Produkte wie Fleisch, Eier, Milch oder Käse, sondern auch Lebensmittel wie Eierteigwaren, Backwaren oder Schokolade, die Zutaten tierischer Herkunft enthalten.
Der Bund müsste für die Importe ein Kontrollsystem aufbauen. Die Kontrolle wäre sehr aufwendig und teuer. Heute stammen beispielsweise über 40 Prozent des Geflügelfleisches und der Eier aus dem Ausland.
Das Parlament hätte drei Jahre Zeit, um die geforderten Bestimmungen zu erlassen. Den Betrieben könnten Übergangsfristen bis 25 Jahre gewährt werden, etwa für bauliche Massnahmen.
Bundesrat und Parlament lehnen Initiative ab
Die Initiative hätte grosse Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Betriebe. Rund 3300 Betriebe müssten den Tierbestand reduzieren oder die Betriebsflächen vergrössern. Die Kosten der Tierhaltung würden steigen; viele Betriebe müssten grosse Investitionen tätigen. Berechnungen, die vom Bund in Auftrag gegeben wurden, gehen von jährlichen Mehrkosten von 0.4 bis 1.1 Milliarden Franken aus.
Die Initiative hätte auch Auswirkungen auf die Konsumenten. Lebensmittel wie Fleisch, Eier, Milch oder Käse wären nur noch aus Tierhaltungen mit Bio-Standard erhältlich, ebenso Lebensmittel mit Zutaten tierischer Herkunft. Dadurch wäre die Wahlfreiheit eingeschränkt. Lebensmittel tierischer Herkunft wie auch solche mit Zutaten tierischer Herkunft dürften wegen den höheren Anforderungen teurer werden.
Ein Importverbot für Produkte, die in der Tierhaltung nicht dem Bio-Standard entsprechen, würde internationale Handelsabkommen verletzen, unter anderem mit der EU. Solche Importregelungen könnten zudem bei der Welthandelsorganisation sowie mit Staaten, mit denen die Schweiz Freihandelsabkommen abgeschlossen hat, zu Konflikten führen. Das könnte auch Auswirkungen auf die Schweizer Exporte haben.
Bundesrat und Parlament argumentieren, die Initiative sei unnötig: Tierhaltung, die das Tierwohl verletzt, ist in der Schweiz bereits verboten. Würde und Wohlergehen der Tiere sind in der Schweiz gesetzlich geschützt und immer mehr Nutztiere werden besonders tierfreundlich gehalten.
Mit der generellen Verpflichtung zu Bio-Standards in der Tierhaltung geht die Initiative zu weit. Sie würde viele Lebensmittel erheblich verteuern. Ein Importverbot für tierische Produkte, die den geforderten Standard nicht erfüllen, wäre nur mit sehr grossem Aufwand durchzusetzen, insbesondere bei Lebensmitteln mit Zutaten tierischer Herkunft. Bundesrat und Parlament empfehlen deshalb, die Vorlage abzulehnen.
Sechs Argumente für ein Nein
1. Die Schweiz zeichnet sich bereits durch ein weltweit einzigartig strenges Tierschutzgesetz und Höchsttierbestände aus
Die einheimische Landwirtschaft zeichnet sich durch ein hohes Tierwohlniveau aus. Dafür sorgen: Ein weltweit einzigartig strenges Tierschutzgesetz, eine bereits gesetzlich limitierte Zahl an Tieren bei Hühnern, Schweinen und Kälbern, die ein Betrieb halten darf, sehr wirksame Anreizprogramme, zahlreiche weitergehende Labelangebote sowie ein funktionierendes Kontrollsystem. Darüber hinaus gibt es zusätzliche Labels, die entweder auf den freiwilligen Programmen von besonders tierfreundlichen Ställen oder regelmässigem Auslauf im Freien beruhen. Einige Labels wie Demeter oder KAG-Freiland gehen gar noch viel weiter. Jede und jeder kann entsprechend einkaufen und das Tierwohl so zusätzlich fördern. Die Initiative ist also gar nicht nötig.
2. Der Konsument hat bereits heute die Wahl – und die wird ihm genommen
Die Initiative selbst würde die Bio-Richtlinien in der Tierhaltung vorgeben, der Schweizer Bevölkerung damit die Wahlfreiheit entziehen sowie die Preise für tierische Produkte in der Schweiz massiv erhöhen. Darüber hinaus nimmt sie der Landwirtschaft die Möglichkeit, sich über ihre Produkte zu differenzieren.
3. Teure tierische Produkte kann sich nicht jeder leisten
Die Auflagen würden die tierischen Produkte um 20 bis 40 Prozent verteuern und das Portemonnaie der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten mit rund 1800 Franken im Jahr zusätzlich belasten. Nicht alle können und wollen sich ausschliesslich Produkte gemäss Bio-Standard leisten. In der Not würden noch mehr Menschen ins umliegende Ausland fahren, um sich dort einzudecken. Das schwächt unser Wirtschaftssystem zusätzlich und dient weder der Ökologie noch dem Tierwohl.
4. Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel
Berechnungen zufolge geht bei einer Annahme der Initiative die Schweineproduktion in der Schweiz rund 50 Prozent, die Geflügelproduktion gar bis zu 80 Prozent zurück. Damit einhergehend sind Tausende der 300’000 Arbeitsplätze in der Land- und Ernährungswirtschaft gefährdet.
5. Regionale Produktion und damit die Versorgung stärken
Die Initiative schwächt die regionale Produktion im Inland und damit die Versorgung. Denn der Konsument ändert sich bei einer Annahme der Initiative nicht automatisch mit. Um den Bedarf zu decken, erhöht sich der Anteil importierter Lebensmittel. Das widerspricht dem 2017 angenommenen Verfassungsartikel zur Ernährungssicherheit. Darüber hinaus zeigen weltweite Krisen wie die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine, dass jedes Land in der Ausnahmesituation zuerst für sich schaut.
6. Die Initiative schiesst am Markt vorbei
Für jeden Wirtschaftszweig ist es wichtig, sich an den Bedürfnissen des Marktes zu orientieren. Die MTI widerspricht dem, da sie zu einer staatlichen Angebotsregelung führt. Die Umsetzung der Importauflage wäre zudem eine Verletzung unserer WTO-Verpflichtungen. Die Konsumenten können heute schon eine besonders tierfreundliche Nutztierhaltung fördern, indem sie entsprechend produzierte Lebensmittel kaufen.
- Hummer und Co: das Verschwinden des Nutztieres
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Dossiers: Agrarpolitik | Verbotswahn
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