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19.10.2022
Die Kostenexplosion bedroht das Gastgewerbe
Energieintensive Branchen vor unsicherer Zukunft
Die Kosten im Gastgewerbe steigen auf breiter Front. Ein Teil der Branche ist besonders stark betroffen: Strom-Grossverbraucher sind ernsthaft in ihrer Existenz gefährdet. Mit Pflästerli-Politik bewältigen wir die aufziehende Krise nicht. Es wird gezielte Energiekostenzuschüsse brauchen. Und bei der Energiepolitik müssen wir über die Bücher gehen.
Einmal abgesehen von der höchst unerfreulichen geopolitischen Lage, die uns alle bedroht: Die Explosion der Kosten ist neben dem Fachkräftemangel und der unsicheren Versorgungslage die zentrale Herausforderung für die Gastronomie und die Hotellerie.
Schon die allgemeine Teuerung, noch mehr die teureren Lebensmittel und die steigenden Löhne führen zu ernsthaften Schwierigkeiten. Die Unternehmen geraten in eine Zange: Preisaufschläge von 5 bis 10 Prozent sind eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, treffen jedoch auf Gäste, deren frei verfügbares Einkommen sinkt, z.B. wegen der Krankenkassenprämien und der Heizkosten. Es ist schwierig, die erforderlichen Preiserhöhungen am Markt durchzusetzen.
Grossverbraucher im Würgegriff
Knapp ein Fünftel der gastgewerblichen Unternehmen gehört zu den Grossverbrauchern (mit einem Stromverbrauch von mehr als 100'000 kWh). Davon sind etwa drei Viertel im angeblich «freien» Markt, der jedoch von oligopolistischen Verhältnissen und planwirtschaftlichen Elementen geprägt ist. Insgesamt sind also 10 bis 15 Prozent der gastgewerblichen Unternehmen nicht mehr in der Grundversorgung – und sie dürfen auch nicht dorthin zurück.
Zwar hat ein Teil dieser Betriebe die Stromtarife für nächstes Jahr noch zu einem akzeptablen Preis fixiert. Bei insgesamt 5 bis 10 Prozent aller Unternehmen ist dies aber nicht der Fall: Sie stehen bereits jetzt vor dem Problem, dass sich die Stromkosten um den Faktor 10 bis 20 verteuern.
Die durchschnittlichen Energiekosten im Gastgewerbe betrugen bisher 2 bis 3 Prozent des Umsatzes. Je nach Konzept und Energiemix beliefen sich die reinen Stromkosten auf 1 bis 2 Umsatzprozente. Lassen wir einmal ausser Acht, dass auch Gas schon wesentlich teurer wurde: Verzehnfachen sich in einem Betrieb die Strompreise, müsste der Inhaber um 10 bis 20 Prozent aufschlagen, um sich schadlos zu halten.
Solche Preiserhöhungen gibt der Markt neben den eh schon erforderlichen Aufschlägen in keiner Weise her! Wer es trotzdem versucht, wird Kunden in grosser Zahl verlieren – und die verbleibenden Gäste werden weniger ausgeben, z.B. keine Vorspeisen oder keinen Wein mehr konsumieren. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Kostensteigerungen im Gastgewerbe sind bedrohlich. Für manche Betriebe sind sie sogar in höchstem Masse existenzgefährdend!
Guter Rat ist teuer
Vielleicht sollten wir das «Merit-Order-Prinzip» in der Gastronomie einführen: Dann würde der Kaffee einfach überall so viel kosten wie am teuersten Ort, z.B. so viel wie am Markusplatz in Venedig. Natürlich ist das hirnrissig. Aber genau so funktioniert der Strommarkt!
Haben die Grossverbraucher nicht jahrelang von günstigeren Stromtarifen profitiert? Durchaus: Sie haben pro Kilowattstunde ein paar Rappen weniger bezahlt als ihre Konkurrenten und waren sich bewusst, dass ihre Tarife im Gegenzug volatiler sind. Doch niemand konnte davon ausgehen, dass sich die Preise verzehnfachen oder verzwanzigfachen. Die Stromversorger haben auch nie vor einem solchen Risiko gewarnt.
Was ist zu tun? Mit Aufrufen zum Energiesparen ist es nicht getan, auch wenn wir diese unterstützen, weil sie grundsätzlich Sinn ergeben und die jetzt eingesparte Energie im Februar oder März helfen kann, eine Mangellage hinauszuzögern, zu verkürzen oder zu vermeiden.
Unkomplizierte Überbrückungskredite oder Bürgschaften mögen im Einzelfall sinnvoll sein, doch verschieben sie das Problem auf später. Die vereinfachte Kurzarbeit wäre ein Instrument, das beim Überleben helfen würde, doch niemand will in einem Umfeld tätig sein, dass dauernd von Kurzarbeit bedroht ist.
Die Sistierung von Lenkungs- und Förderabgaben würde die Situation etwas entschärfen. Die hohen Preise lenken den Verbrauch schon genug. Wirklich helfen würde eine Rückkehrmöglichkeit in die Grundversorgung, was jedoch als unmöglich bezeichnet wird oder mit langen Wartefristen und Strafgebühren verbunden wäre.
Energiepolitik überdenken
Kurzfristig wird es ein intelligentes System von Energiekostenzuschüssen brauchen. Eine gezielte Verbilligung wird freilich noch in keiner Weise vorbereitet. Wahrscheinlich müssen zunächst ein paar Hotels, Restaurants, Bäcker, Bierbrauer und Industriebetriebe das Handtuch werfen, bevor die Politik in die Gänge kommt und Zuschüsse mehrheitsfähig werden.
Die Subventionierung von Strompreisen – auch wenn sie sehr zielgerichtet und nicht nach dem Giesskannensystem erfolgt – kann aber keine langfristige Lösung sein. Das würde die öffentliche Hand überfordern.
Die Probleme sind an der Wurzel zu packen: Es braucht die Rückkehr zu einer vernunftbasierten, ideologiefreien, technologieoffenen und wirtschaftsfreundlichen Energiepolitik. Hoffen wir, dass die grünen Glaubenssätze nicht erst hinterfragt werden, wenn es zu spät ist.
Maurus Ebneter
Präsident Wirteverband Basel-Stadt
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- Sind «Energiezuschläge» zulässig und angebracht?
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Dossier: Energie
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