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03.02.2023

Backen mit vollem Korn

Tipps und Tricks

«Brot selber backen, das fast so gut aussieht und auch so gut schmeckt wie vom Lieblingsbäcker, ist einfacher als man denkt», so Professor Friedrich Longin, Leiter der Arbeitsgruppe Weizen an der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim. Es gebe allerdings ein paar wenige Dinge zu beachten: Man braucht zum Brotbacken ausser den vier Hauptzutaten Mehl, Wasser, Salz und Hefe eigentlich nur noch eines – Zeit. Streng genommen braucht nicht die Bäckerin bzw. Bäcker Zeit, sondern der Teig, um sein Aroma und vor allem sein Backvolumen zu entwickeln.

Viele Rezepte, die in klassischen Rezeptbüchern und in vielen Internetquellen zu finden seien, könnten gar keine guten Brotergebnisse liefern, weil in der Regel zwei Sachen falsch beschrieben seien: Die Zeit, die die Hefe braucht, um sich ausreichend zu vermehren, so dass der Teig schön geht. Diese Zeit ist in vielen Rezepten viel zu kurz beschrieben. Zudem werden viele Teige mit viel zu wenig Wasser gemacht.

Damit ist ein schlechtes Ergebnis vorprogrammiert und man erhält kein saftiges, lockeres Brot. Wie aber geht es besser? Entscheidend ist hier, etwas Gefühl für die zwei wesentlichen Dinge beim Brotbacken zu entwickeln. Erstens: Wie viel Wasser verträgt mein Teig/Brot? Tendenziell lieber zu viel als zu wenig! Und zweitens: Wann ist der Teig ausreichend gegangen, so dass sich die Hefe für ein lockeres Backvolumen genügend vermehrt hat.

Hier gilt: Lieber etwas zu lange als zu kurz gehen lassen; eine Verdoppelung des Teigvolumens sollte auf jeden Fall erreicht werden. Und wenn das nicht wie im Rezept beschrieben nach 30 Minuten der Fall ist, dann wartet man eben, bis es so weit ist, zur Not auch einige Stunden.

Zum Brotbacken benötigt man lediglich vier Zutaten, der Rest ist «schmückendes beziehungsweise gesundes Beiwerk». Die Grundzutaten sind Mehl (zum Beispiel Weizen), Wasser (lieber zu viel als zu wenig), Salz (je weniger, umso gesünder) und Hefe (man kann auch Sauerteig nehmen).

Ein einfaches Grundrezept sieht so aus: 1000 Gramm Vollkornmehl, 800 Milliliter Wasser, 10 Gramm Frischhefe oder ½ Packung Trockenhefe, 20 Gramm (jod)Salz. Dabei ist es aus backtechnischen Gründen wichtig, die oben genannten Mengen in ein sogenanntes Brühstück (alternativ Sauerteig) und in einen Hauptteig aufzuteilen. Ansonsten würde das Brot ziemlich trocken.

Also zunächst 200 Gramm Vollkornmehl mit 200 Milliliter kochendem Wasser überbrühen und zwei bis vier Stunden stehen lassen (wichtig zur Stärkeverkleisterung). Dann den Hauptteig mit 800 Gramm Vollkornmehl, 600 Milliliter Wasser plus Brühstück sowie Hefe und Salz verrühren, kneten und dann über Nacht im Kühlschrank gehen lassen. An diesem «Grundbausatz» kann man sich immer orientieren, aber auch er alleine ergibt schon ein gutes Brot.

Ein entscheidender Fakor beim Brotbacken ist die Qualität des Mehls, so Professor Longin. Das liegt vor allem an der Zusammensetzung des Glutens. Eine gute Gluten-Zusammensetzung geht etwas auf Kosten des Ertrags im Feld. Somit muss Mehl mit guten Backeigenschaften etwas teurer sein. Leider sieht man dem Mehl die Qualität nicht an. Hier hilft nur, verschiedene Mehle auszuprobieren.

Biomehle haben in der Regel eine etwas schlechtere Backqualität als konventionelle Mehle, was von der reduzierten Düngung in der ökologischen Landwirtschaft herrührt – für die Umwelt begrüssenswert. Beim Backen kann man das meist mit längeren Ruhezeiten und Vorteigen beheben und indem man akzeptiert, dass das Brotvolumen etwas geringer ist. Will also der Brotteig und das Brot einmal nicht gelingen, liegt das häufig an den Zutaten.

Ferner gilt es zu beachten, dass es verschiedene Mehltypen gibt. Beim Weizen sind das die Typen 405, 550, 1050, 1600, Backschrot 1700 und Vollkorn (immer ohne Typenzahl). Ein klassisches helles Weizenbrötchen oder Weissbrot wird beispielsweise mit Weizenmehl der Type 550 hergestellt. Das immer noch recht helle Mehl der Type 1050 hat bereits doppelt so viel Ballaststoffe und zwei Prozent mehr Eiweiss als Brötchenmehl der Type 550.

Auch die Teigführung hat einen grossen Einfluss auf die Teigeigenschaften und somit auf das Backergebnis, aber auch auf die Inhaltsstoffe. Das ist aktuell Thema zahlreicher Forschungsprojekte. Unter einer langen Teigführung versteht man, dass der Teig nach dem Ansetzen deutlich längere Teigruhezeiten hat, also nicht sofort bei Raumtemperatur geht und binnen ein bis drei Stunden verbacken wird.

Dabei ist «Teigruhe» etwas irreführend: Bei einer langen Teigführung arbeiten nämlich Hefen, Sauerteigbakterien und getreideeigene Enzyme intensiv im Teig. Die Hefe kann sich vermehren und durch enzymatische Prozesse im Teig entsteht mehr Geschmack.

Da eine zu starke Hefevermehrung aber dazu führt, dass die Hefe das Glutennetz angreift, wird bei einer langen Teigführung die Hefemenge reduziert und der Teig kommt den grössten Teil der Gehzeit in den Kühlschrank. Vor dem Backen sollte er sich aber mindestens eine Stunde bei Raumtemperatur akklimatisieren, bevor das Brot geformt wird.

Je kühler der Teig gelagert hat (bis 1 Grad Celsius ist möglich), desto länger sollte diese Akklimatisationsphase sein, damit die Hefe auch die Kraft hat, das Brot ordentlich zu lockern. Im Backofen stirbt sie nämlich relativ schnell ab.

Da die Mehl- und Körnerbestandteile mehr Wasser binden, je länger diese im Teig angerührt liegen, gibt man klassischerweise auch etwas mehr Wasser in Rezepte mit langer Teigführung. Das verbessert zudem die Frischhaltung der Brote. Insbesondere Vollkornbrote sollten eigentlich immer mit langer Teigführung gebacken werden.

Ein Wort zum Sauerteig. In Sauerteigen sind natürlich vorkommende Hefen sowie Milch- und Essigsäurebakterien aktiv, die die Teige lockern, den pH-Wert (Mass für den sauren oder basischen Charakter) senken, und für den typischen säuerlich-frischen Geschmack sorgen. Zweifelsohne ist das Backen mit Sauerteig etwas anspruchsvoller und teilweise auch sehr aufwendig.

Wer Sauerteig selber züchten möchte, benötigt hierfür etwa sieben Tage. Anleitungen gibt es in Brotbackbüchern und im Internet. Einfacher geht es mit einem professionell erstellten und gekauften frischen Sauerteig. Aus ihm kann man zudem auch noch eine eigene Sauerteigkultur «anstellen». Eine weitere Möglichkeit ist getrocknetes Sauerteigpulver. Dieses ist allerdings nicht mehr aktiv und liefert lediglich den Geschmack; für die Triebwirkung muss Hefe zugesetzt werden.

Rüdiger Lobitz / bzfe


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