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16.07.2024

Schon bald die grösste ausländische Gästegruppe

Tourismus profitiert von ausgabefreudigen Amerikanern

Amerikanische Touristen strömen in die Schweiz wie nie zuvor – nicht nur wegen Taylor Swift. Sie gelten als ausgabefreudig und könnten die Deutschen als grösste Gästegruppe im Sommerhalbjahr ablösen. Weiteres Wachstumspotenzial sehen Touristiker vor allem in der Nebensaison und im Winter.

awp sda. 2023 und 2024 kamen deutlich mehr Amerikanerinnen und Amerikaner in die Schweiz als vor der Pandemie. Das freut die Touristiker, weil andere Märkte Sorgen bereiten: Der wichtigste Auslandsmarkt Deutschland hinkt dem Vor-Corona-Niveau weiterhin hinterher. Bei Japan und vor allem bei China klafft eine noch grössere Lücke.

«Die Gäste aus den USA sind ein wichtiger Grund für unseren Optimismus im Schweizer Tourismus für den Sommer», sagt deshalb Schweiz-Tourismus-Chef Martin Nydegger im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.

Ökonomen des Forschungsinstituts BAK Economics erwarten nun sogar, dass die USA in dieser Sommersaison (Mai bis Oktober) Deutschland als wichtigsten Herkunftsmarkt bei den Logiernächten ablösen werden.

Eldorado für Amerikaner

Doch warum ist die Schweiz so beliebt bei den Amerikanerinnen und Amerikanern? Tourismusexperte Jürg Stettler von der Hochschule Luzern sieht dafür einen einfachen Grund: «Das liegt unter anderem an der natürlichen Schönheit des Landes mit seinen Alpen und Seen.»

Auch historische Städte, Kultur und Tradition sowie die kulinarische Vielfalt zögen die Amerikaner an. Zudem seien die Flugverbindungen aus den USA nach der Pandemie wieder sehr gut.

Die hohe Erlebnisdichte und das gute Zugnetz in der Schweiz seien weitere Pluspunkte. Die US-Gäste lieben Reisen mit dem Zug: «Die Schweiz mit ihren Panoramazügen ist da natürlich ein Eldorado für die Amerikaner», so Stettler.

Hohe US-Inflation

Hinzu kommen handfeste ökonomische Gründe. «Die Wirtschaft in den USA läuft gut, die Börse boomt», sagt Claudio Zemp, Nordamerika-Chef von Schweiz Tourismus.

Zudem ist die Inflation in den USA im Vergleich zur Schweiz hoch. Und mit den stark gestiegenen Hotelpreisen sind auch die Ferien im eigenen Land für die US-Bürger deutlich teurer geworden.

Der Arbeitskräftemangel habe die Löhne und damit auch die Preise in der US-Hotellerie in die Höhe getrieben – ohne dass die Leistungen besser geworden seien, so Zemp. Da schneide die Schweiz besser ab.

Es kommt die Oberschicht

«Und wenn wir von Gästen aus den USA sprechen, reden wir von der Oberschicht», so Zemp weiter. Nur ein kleiner Teil könne es sich leisten, nach Europa zu reisen. Und dem gehe es derzeit sehr gut.

Kein Wunder also, dass die Amerikaner als spendabel gelten. «Amerikanische Gäste verfügen in der Regel über eine hohe Kaufkraft. Sie legen Wert auf Komfort und gehobene Angebote», sagt ein Sprecher von Wallis Tourismus.

Gemäss Schweiz Tourismus gibt ein amerikanischer Gast in der Schweiz 280 Franken pro Tag aus. Zum Vergleich: Schweizer Gäste geben 140 Franken aus, Deutsche 130 Franken.

Weiteres Wachstumspotenzial

2023 entfielen 3.1 Millionen der insgesamt 20.9 Millionen Logiernächte ausländischer Gäste auf das Konto der Amerikaner. Das war fast ein Viertel mehr als im letzten Vor-Corona-Jahr 2019.

Und es geht so weiter: Im laufenden Jahr sind es von Januar bis Mai nochmals 11 Prozent mehr als im Vorjahr.

Für die Zukunft sieht Zemp ein Wachstumspotenzial von 5 bis 10 Prozent pro Jahr. Zumal die Zuwachsraten schon vor der Pandemie hoch gewesen seien und die derzeitigen Wachstumsraten nach der Corona-Delle abgesehen von einem gewissen Nachholeffekt daran anschlössen.

Dabei will Schweiz Tourismus vor allem die Nebensaison besser auslasten. Denn die Schweizer Hotels sind übers Jahr gesehen nur rund zur Hälfte ausgelastet. Gäste aus den USA könnten da helfen.

Ukraine-Krieg ohne Einfluss

«Wir sehen seit Jahren, dass der Sommer gut gebucht ist und es teilweise keine freien Hotels mehr gibt», sagt Zemp. «Da ist es wichtig den Amerikanerinnen und Amerikanern zu zeigen, dass es auch im Herbst schön ist. Zudem sind Ferien dann günstiger.»

Potenzial sieht Zemp auch im Winter. Denn Skifahren sei in den USA teuer. «Und jemand, der von der Ostküste nach Vail fliegt, kann genauso gut nach Genf fliegen und in Crans-Montana Ski fahren.» Das sei auch ein anderes Erlebnis: «Skiferien in der Schweiz sind viel rustikaler als in den grossen Resorts der USA.»

Tourismusexperte Stettler warnt aber auch davor, dass externe Faktoren die US-Touristen wieder von Reisen in die Schweiz abhalten könnten: «Wirtschaftskrisen oder Kriege können einen grossen Einfluss haben». Das habe die Finanzkrise gezeigt.

Immerhin: Der Krieg in der Ukraine hat die US-Touristen nicht wie befürchtet von Reisen nach Europa abgehalten. Die Amerikaner könnten geopolitische Konflikte besser einschätzen als früher, sagt Zemp.

Hintergrund: Jurij Lambrecht / AWP

Bild: swiss-image.ch


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