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07.12.2021

Trend 2022: Fernweh, Erlebnis, Nachhaltigkeit

Ein Beitrag von Fabienne Ballmer

Die Pandemie dauert jetzt doch schon viel länger an, als wir es uns je vorgestellt haben. Noch im März 2020 dachten wir, dass spätestens im 2021 alles wieder beim Alten sein wird. Dass dem (leider) nicht so ist, haben wir alle in irgendeiner Form zu spüren bekommen. Dass die Pandemie sich auch in der Gastronomie bemerkbar macht, ist klar. Jedoch wird sie sich nicht rein wirtschaftlich und mit den Massnahmen bemerkbar machen. Es ist selbstverständlich, dass es in den nächsten Jahren neue oder aufgefrischte Konzepte braucht. Doch welche? Das ist die Frage.

Was hat sich denn verändert? Ich habe mir dazu die letzten Wochen intensiv Gedanken gemacht. Um herauszufinden, was sich in der Gastrolandschaft als Trend zeigen könnte, schaue ich mir das Verhalten der Gesellschaft an. Ich überlege mir, was ihnen fehlen könnte und was für Bedürfnisse wenig oder nur schwer gestillt werden. Nach was sich die Menschen orientieren? Oder wo die Werte unserer Gesellschaft momentan liegen?

Vor zwei Jahren habe ich geschrieben, dass regionales Essen mit der Bratwurst von der Kuh Lisa vom Bauer nebenan auf der Karte den Gästen, in der globalisierten Welt, ein Gefühl von Heimat vermittelt. Dieser Trend zu Regionalität boomte. Dieser Regio-Trend ist immer noch aktuell, auch in der Gastroszene. Doch hat sich nicht auch Gewisses verändert? Wie zeigt sich die Globalisierung momentan? Wir sind immer noch global unterwegs. Doch vielmehr digital wie analog. Dieser Schub der Digitalisierung hat neue Möglichkeiten eröffnet.

Doch dabei geht etwas verloren, der direkte Kontakt und etwas vor Ort erleben zu können. Etwas zu berühren, zu riechen. Gerade Düfte begleiten uns sehr. Ich weiss nicht, wie es Euch geht, doch ich habe meine Erinnerungen mit Düften gespeichert. Dürfte sind auch das, was mich am meisten inspiriert. Vielleicht ist es nicht bei allen gleich. Gewisse Leute brauchen viele Bilder, oder Töne. Doch bin ich mir sicher, dass uns Düfte fehlen. Wer z.B. schon mal in Singapore oder… (was kommt Ihnen in den Sinn?) auf dem Markt war, weiss, was ich meine. Und Düfte können wir nicht über den Stream übertragen. Wenn wir noch so schöne Bilder sehen, den Duft dazu gibt es nur vor Ort.

Also zurück zum Thema: Was vermisst man am meisten? Sicher das «unbeschwert» zusammen sein. Grosse Feste ohne Schutzkonzepte. Normalität. Doch ist nicht eben auch «Fernweh» ein Thema? Die Schweizer sind ein Reisevolk. Die Neugier auf andere Kulturen ist die letzten Jahre stetig gestiegen. Die günstigen Flugpreise und die globalisierte Welt machte es zur Normalität, dass man andere Kulturen und Länder bereiste. Umso mehr man die Möglichkeit bekommen hat, kurz wegzufliegen, umso globalisierter wir wurden, umso mehr ist auch das Bedürfnis nach «Swissness» nach der Regionalität, nach Heimat aufgekommen.

Chancen für die Gastronomie

Mit der Pandemie ist die grosse Reisewelle gestoppt worden. Viele sind, wenn sie vereisten, in die nahen Nachbarländer gereist. Doch Drittweltländer, andere Kontinente sind nicht zuoberst auf der Liste gestanden. Und darum behaupte ich, werden sich jetzt auch neue Chancen und Trends für die Gastronomie auftun.

Gastronomie ist lange nicht nur noch Foodsupplier. Dies hat uns die Krise definitiv gelernt. Wer auswärts isst, der erwartet mehr, als er selbst zuhause zubereiten kann. Oder er sucht nach einem speziellen Erlebnis. Wenn der Kunde Geld ausgibt, um in ein Restaurant zu gehen, dann viel überlegter. Die Pandemie, gezeichnet durch Lockdowns, Schliessungen der Gastronomie haben viele Hobbyköche nochmals auf ein höheres Level gebracht oder erst einen Hobbykoch gemacht. Metzgereien, die von einem richtigen Boom berichtet haben. Gäste, die alles Mögliche ausprobierten, vom Edelfleisch bis hin zu traditionellen alten Schmorgerichten, war alles gefragt. Oder Leute, die sich der veganen Küche annahmen, einfach, weil sie Zeit hatten.

So liegt es eigentlich auf der Hand, der Gastronom muss Inspirator werden. Neues zeigen, Kreationen schaffen, auf die die Hobbyköchin noch nicht selbst gekommen ist. Der Koch muss vielmehr Vorbild, Inspirator werden und sich mit seinem Können und Wissen abheben können. Dies bedeutet übrigens nicht, dass jeder Gourmetküche praktizieren oder sich mit Sternen schmücken muss. Doch was er tut, egal auf welchem «Kochniveau», sollte er richtig gut machen und damit seine Gäste inspirieren.

Zurück zum Reisen, dies birgt ein grosser Trend für das Jahr 2022 zu werden. Die Gastronomie hat die Möglichkeit, einen Teil des Fernwehs zu stillen. Wahrscheinlich waren die Gäste schon lange nicht mehr so offen für die Küche aus fremden Ländern. Für Exotisches. Wenn man vor fünf Jahren vielleicht lieber das auswärtige Essen im Land selbst genossen hat, wird man heutzutage doch wieder vermehrt den Drang verspüren, eine globale Küche auszuprobieren oder sich an einem Abend bewusst auf eine Indienreise zu begeben, wenn auch nur kulinarisch.

Es geht darum, authentisch zubereitete Teile oder ganze Gerichte mit der Regionalität zu kombinieren. Vielleicht braucht es gar nicht immer eine komplett originale und ausschliessliche Küche aus einem speziellen Land. Vielleicht könnte man seiner Karte eine Note Afrika versehen. Eine Genusswoche mit afrikanischen Gewürzen. Die Fantasie oder die Ideen haben zu diesem Thema keine Grenzen.

Ebenfalls erwähnen möchte ich neben dem Trend hin zu «Globaler Küche» oder «Küche aus der Fremde» ebenfalls den Trend der veganen und vegetarischen Küche. Gerade die jüngere Generation gibt sich mit einem «Vegigericht» auf der der Karte, meist noch als «abgeänderte Fleischvariante», nicht mehr zufrieden.

Den vielen zum Teil medizinisch indizierten Diäten muss Aufmerksamkeit geschenkt werden. Als Gastronom sollte man sich der Verantwortung, die man mit dem Zubereiten hat, ebenso bewusst sein, wie dafür, dass man den Gästen ein Erlebnis bieten möchte. Vegetarisch und vegan sind schon lange keine Seltenheit oder ein Randbedürfnis mehr. Es ist inmitten unserer Gesellschaft. Da gilt es als Koch die Gerichte weiterzuentwickeln. Neue Kreationen zu entwickeln. Der Trend des Körperbewusstseins und der Fitness muss sich in der Küche der Gastronomie widerspiegeln.

Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, sein Konzept zu analysieren. Nutzen wir die Zeit der äusseren Stürme für innere Fantasie. Sprengen wir die Grenzen. Um die Grenzen zu sprengen, müssen wir zwischendurch ausbrechen. Ausbrechen aus dem «Normalen». Wir müssen uns in eine «wertfreie» Ebene begeben. Keine Angst vor dem Scheitern haben. Nur so können wir unserer Kreativität freien Lauf lassen und das Bewusstsein erweitern.

Ganz zum Schluss möchte ich mit einem zeitlosen Input die Trends 2022 komplettieren. In welche Richtung man geht – was man verändert und allenfalls selber eine Art «Trend» setzt, ist wichtig für den Aufbau einer eigenen Marke.

Fabienne Ballmer
fabienneballmer.ch

Fabienne Ballmer

Fabienne Ballmer. fabienneballmer.ch


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