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28.02.2012
Keine Sonderbehandlung für die Hotellerie
Nationalrat gegen Befreiung von der Mehrwertsteuer
Die Hotellerie wird voraussichtlich nicht von der Mehrwertsteuer befreit. Der Nationalrat hat sich gegen eine solche Sonderregelung ausgesprochen. Die Befürworter wollten damit die Folgen des starken Frankens abfedern.
sda. Der Nationalrat lehnte es mit 92 zu 88 Stimmen bei 7 Enthaltungen ab, auf die Beratungen über die Sonderregelung einzutreten. Nun muss noch der Ständerat entscheiden. Folgt er seiner Kommission und sagt ebenfalls Nein, ist die Idee vom Tisch.
Die Befürworter möchten die Hotellerie für ein Jahr lang von der Mehrwertsteuer befreien, vom 1. April 2012 bis zum 31. März 2013. Bereits heute profitiert die Hotellerie von einem reduzierten Mehrwertsteuersatz.
Die Befreiung von der Steuer hätte Ausfälle von 150 bis 160 Millionen Franken zur Folge. Gegen die Massnahme stellten sich im Nationalrat SP, Grüne, Grünliberale und FDP, dafür stimmten SVP, BDP und CVP.
Logiernächte zurückgegangen
Letztere führten vergeblich Zahlen ins Feld. Die Logiernächte seien im vergangenen Jahr stark zurückgegangen, sagte Hansjörg Hassler (BDP/GR). Der Kanton Graubünden etwa habe einen Rückgang um 8 Prozent verzeichnet. Inzwischen seien die negativen Auswirkungen der Frankenstärke auch im Städtetourismus spürbar.
Tausende von Arbeitsplätzen seien bedroht, warnte Lorenz Hess (BDP/BE). Die Steuerausfälle seien verkraftbar, eine Sofortmassnahme sei angebracht. Jean-François Rime (SVP/FR) gab zu bedenken, von der Massnahme würden auch die vor- und nachgelagerten Branchen profitieren.
Steuergeschenke mit der Giesskanne
Die Gegner sprachen ihrerseits von Steuergeschenken, warnten vor grossem administrativem Aufwand und kritisierten das Giesskannenprinzip. Aus Sicht von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf würde eine Sonderregelung für die Hotellerie gar den Rechtsstaat in Frage stellen.
Viele warnten denn auch vor weiteren Begehrlichkeiten. Es gehe nicht an, eine einzelne Branche zu bevorzugen, befand Prisca Birrer Heimo (SP/LU). Ausserdem wäre die Ausnahmeregelung kaum wirkungsvoll. "Glauben Sie wirklich, dass plötzlich Scharen von Touristen in die Schweiz kommen, weil ein Hotelzimmer 192 statt 200 Franken kostet?", fragte sie die Befürworter.
Schnee bringt mehr
Manche zweifelten auch daran, dass die Befreiung von der Mehrwertsteuer tatsächlich nur vorübergehend gelten würde. Dies zu glauben wäre naiv, sagte Philipp Müller (FDP/AG), denn der Frankenkurs sei voraussichtlich auch in einem Jahr noch hoch. Ausserdem habe der Schnee der Hotellerie mehr gebracht als ihr die Befreiung von der Mehrwertsteuer bringen würde.
Christophe Darbellay (CVP/VS) erwiderte, die dicke Schneeschicht habe eben gerade nicht gereicht, um die Probleme wegen des starken Frankens auszugleichen. Es gehe darum, dem Tourismus ein bisschen Luft zu verschaffen. Die Mehrheit vermochte dies jedoch nicht zu überzeugen.
Meinungswandel im Rat
Im Nationalrat hat damit der Wind gedreht: Im Dezember hatte sich noch eine knappe Mehrheit dafür ausgesprochen, die Hotellerie vorübergehend von der Mehrwertsteuer zu befreien. Der Rat stimmte einer entsprechenden Motion mit 93 zu 92 Stimmen bei 5 Enthaltungen zu.
Eine Motion mit ähnlichem Inhalt lehnte der Rat allerdings fünf Minuten später ab. Diese hätte dem Bundesrat etwas mehr Flexibilität eingeräumt, die Ausnahmeregelung zu organisieren. Am Montag stand eine dringliche Regelung zur Debatte.
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Dossiers: Hochpreisinsel | Hotellerie | Mehrwertsteuer
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