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08.09.2014

MwSt-Initiative: Die perfiden Argumente der Gegner

Wie die grossen Gastronomie-Lieferanten gegen ihre Kunden arbeiten

Die Gegner der Volksinitiative "Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes" stellen wiederholt falsche Behauptungen auf, die nicht wahrer werden, wenn man sie ständig wiederholt. Es ist stossend, dass wichtige Zulieferer des Gastgewerbes sich gegen die Initiative stellen, um ihre steuerliche Bevorzugung zu verteidigen.

Zu den Kreisen, die die Initiative von GastroSuisse am vehementesten bekämpfen, zählen die Detailhändler. Coop und Migros gehören über Firmen wie Prodega, Bell, Scana und Mérat zu den grössten Lieferanten des Gastgewerbes. Auch Bäckereien und Metzgereien liefern sehr viel Ware in die Schweizer Gastronomie.

Man würde meinen, sie alle müssten ein grosses Interesse daran haben, ihren Kunden zu mehr Absatz zu verhelfen. Warum tun sie das nicht? Weil sie gleichzeitig auch Anbieter im Markt für Ausserhaus-Verpflegung sind, wo sie einen staatlich verordneten Preisvorteil von 5.5% geniessen!

Während man die Verteidigung dieses Steuerprivilegs noch halbwegs begreifen kann, ist das Engagement der Bauern dicke Post. Weil der Schweizer Agrarmarkt weitgehend abgeschottet ist, sind Gastronomen gezwungen, den grössten Teil ihrer Lebensmittel im Inland zu beziehen. Das führt wegen der massiv überhöhten Preise dazu, dass sie die Landwirtschaft mit über einer Milliarde Franken verdeckt subventionieren.

Nun sorgen sich die Landwirte also darum, dass bei einer Annahme der Mehrwertsteuer-Initiative die Lebensmittel für den Endkonsumenten teurer werden könnten. Wäre diese Sorge echt, würden sie für den Abbau von Schutzzöllen und Importkontingenten kämpfen und sich endlich dem Wettbewerb stellen. Dann würden wir alle bald nur noch halb so viel für Fleisch, Gemüse und andere Produkte bezahlen.

Die perfiden Argumente der Initiativgegner halten einer Überprüfung nicht stand. Untenstehend sind einige Beispiele.

Bei einem Ja zur Initiative wird der Bund Steuerausfälle von über 700 Millionen Franken erleiden. Das kann er nicht verkraften.

Die Volksinitiative will einzig und allein die Diskriminierung des Gastgewerbes bei der Mehrwertsteuer beseitigen. Es liegt am Parlament, den neuen, einheitlichen Steuersatz festzulegen. Es kann das so tun, dass für die Bundeskasse keine Steuerausfälle entstehen.

Selbst wenn Speisen und alkoholfreie Getränke im Gastgewerbe neu mit 2.5% statt mit 8% besteuert würden, wäre der Ausfall bei Weitem nicht so gross wie behauptet. Von den 950 Millionen Franken Mehrwertsteuer, die das Hotel- und Gastgewerbe momentan insgesamt abliefert, entfällt ein guter Teil auf Beherbergungsleistungen, den Verkauf von alkoholischen Getränken und auf Verkäufe über die Gasse.

Zudem muss man das Ganze auch in einem grösseren Zusammenhang sehen. In der letzten Dekade hat der Bund seine Mehrwertsteuereinnahmen um durchschnittlich 600 Millionen pro Jahr gesteigert. Der gesamt Bundeshaushalt beläuft sich schon bald auf 70 Milliarden Franken – und er weist regelmässig einen Überschuss aus!

Auch andere Dienstleistungen werden mit 8% besteuert. Bei der Volksinitiative handelt es sich um eine Sonderlösung für das Gastgewerbe.

Nirgendwo sonst werden gleiche Produkte unterschiedlich besteuert. Keine anderen Dienstleister sind mit Anbietern im direkten Wettbewerb, die steuerlich bevorzugt werden. Ob Sie ein Bett im Internet bestellen und selbst zusammenbauen oder ob Sie sich in einem Fachgeschäft beraten, das Bett nach Hause liefern und montieren lassen: Es wird gleich besteuert!

Die "Extrawurst" haben momentan Supermärkte, Kioske, Tankstellenshops und Bäckereien, die immer mehr verzehrfertige Speisen und Getränke anbieten, aber nicht einmal einen Drittel so viel Mehrwertsteuer darauf erheben wie die Gastronomie!

Bei einer Annahme der Initiative werden Lebensmittel teurer.

Nein, das stimmt nicht! Auch hier handelt es sich um Angstmacherei. Zum einen stimmt die Behauptung nicht, dass der reduzierte Satz von 2.5 Prozent auf 3.8 Prozent angehoben werden müsste, um Einnahmenausfälle zu kompensieren. GastroSuisse würde sich gegen die Anhebung des unteren Satzes wehren – notfalls mit einem Referendum.

Zum anderen gäbe es ein einfaches Rezept, die Lebensmittelpreise in der Schweiz um fast die Hälfte zu senken: Schutzzölle und Importkontingente aufheben.

Vor dem Ersten Weltkrieg gab ein Durchschnittshaushalt 70 Prozent seines Budgets für Lebensmittel aus. Heute sind es noch 7 Prozent. Will man etwas für die einkommensschwachen Schichten tun, so müsste man sich das Gesundheitswesen und die Mieten vornehmen.

Die Volksinitiative nützt nur den Wirten, die die Steuererleichterungen nicht weitergeben werden.

Einmal abgesehen davon, dass die Initiative auch ohne Steuererleichterungen umgesetzt werden könnte: Das Gastgewerbe befindet sich in einem extrem harten Wettbewerb, so dass "Einsparungen" garantiert bei den Konsumenten ankommen. Viele Wirte werden ihre Artikel sofort verbilligen. Diejenigen, die es nicht tun, werden Gäste verlieren und können während Jahren keine Preiserhöhungen durchsetzen.

Wo Erleichterungen nicht sofort vollumfänglich dem Gast weitergegeben werden, entsteht Spielraum für Investitionen und höhere Löhne. Auch davon werden die Konsumenten und unsere Volkswirtschaft profitieren.

Bei der Kalkulation im Gastgewerbe nimmt man stets den Warenwert und schlägt die angestrebte Marge drauf. Ganz am Schluss kommt noch die gesetzliche Mehrwertsteuer dazu. Bei jedem kalkulierten oder nachkalkulierten Preis wirkt sich eine tiefere Mehrwertsteuer auf den Verkaufspreis aus.

Unter der Mehrwertsteuer-Diskriminierung leiden alle 2.5 Millionen Gäste, die sich pro Tag im Gastgewerbe verpflegen, denn sie sind es letztlich, die mehr Steuern abliefern als die Kunden der Take-Aways. Wer seinen Kaffee im Restaurant trinkt, bezahlt mehr als dreimal höhere Steuern als jemand, der mit dem Pappbecher durch die Gegend eilt.

Es ist richtig, dass im Gastgewerbe mehr Mehrwertsteuer bezahlt werden muss. Es wird ja auch mehr geboten als im Take-Away.

Das Gastgewerbe beschäftigt 210'000 Mitarbeiter/innen bildet über 9000 Lehrlinge aus. Es ist für viele Menschen ein sozialer Anlaufpunkt und eine der besten Visitenkarten für den Tourismusstandort Schweiz. Und dafür sollen das Gastgewerbe und seine Gäste mit einer höheren Mehrwertsteuer bestraft werden?

Der Unterschied zwischen den Steuersätzen ist klein. Es liegt nicht an der höheren Mehrwertsteuer, wenn die Konsumenten sich zunehmend fliegend verpflegen.

Es liegt nur daran, aber eben auch! Wenn sich jeder Konsument nur einmal pro Quartal für ein Restaurant entscheidet statt für den Take-Away, so sind wären das 30 Millionen Verzehrfälle. Bei einem Durchschnittsbon von 20 Franken entspricht das einem Umsatz von 600 Millionen Franken!

Wenn der Unterschied zwischen 2.5 und 8% so klein ist, warum wehren sich dann die Detailhändler so heftig gegen eine leichte Erhöhung ihres Satzes von 2.5 auf 3.8%?

Es gibt keine anderen Länder, die die Gastronomie reduziert besteuern.

Fast die Hälfte aller OECD-Staaten kennt reduzierte Mehrwertsteuersätze für die Gastronomie. In Luxemburg beträgt der Steuersatz für die Restauration nur gerade 3% - das ist ein Fünftel des Normalsatzes. Unter anderem in Frankreich, Italien, Österreich, Spanien, Belgien, Holland, Finnland und Irland beträgt der Steuersatz für die Gastronomie höchstens die Hälfte des Normalsatzes. In der Schweiz sind es 100%!


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