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23.08.2016
Marktöffnung bedroht Existenz der Bauern nicht
Festhalten am Status quo ist keine erfolgversprechende Alternative
Eine allfällige breite Marktöffnung stellt den Agrarstandort Schweiz vor grosse Herausforderungen. Existenzbedrohend ist sie aber nicht. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen. Die Studie liefert faktenbasierte Diskussionsgrundlagen über die Auswirkungen einer breiten Marktöffnung auf die schweizerische Land- und Ernährungswirtschaft.
Im Fokus der Studie steht die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), welche die EU und die USA derzeit aushandeln. Schliesst sich die Schweiz der TTIP an, steigen zwar die Importe – insbesondere von Getreide und Fleisch aus der EU. Im Gegenzug bieten sich der Schweiz neue Exportchancen, vor allem für Milchprodukte. Folglich setzt eine Marktöffnung die Milchwirtschaft deutlich weniger unter Druck als etwa die Schweineproduktion und den Ackerbau. Dank der besseren Exportmöglichkeiten im Rahmen der TTIP sinkt die Produktion im Gesamtsektor aber nur moderat.
Gesamtnutzen für Volkswirtschaft legitimiert Begleitmassnahmen
Zwar führt ein Anschluss an die TTIP zu tieferen Produzentenpreisen. Davon profitieren einerseits die Schweizer Konsumenten. Nicht zuletzt deshalb resultiert gemäss der Wohlfahrtsanalyse aus einem TTIP-Beitritt der grösste Gesamtnutzen für die gesamte Schweizer Volkswirtschaft.
Andererseits zeigen ähnliche Abkommen, wie etwa jenes zwischen der EU und Kanada (CETA), dass schrittweise, innenpolitisch begleitete Marktöffnungen möglich sind. Angesichtes der gesamtwirtschaftlichen Vorteile ist es legitim, die Landwirtschaft mit entsprechenden Begleitmassnahmen zu unterstützen. Die Studie erwähnt auch Sonderregelungen für sensible Produkte.
Hinzu kommt, dass sich auch bei einer breiten Marktöffnung die Preise nicht vollständig an jene des kompetitivsten Partners angleichen. Für einen Markterfolg spielen nebst dem Preis immer auch noch andere Treiber wie Produktepositionierung und Konsumentenpräferenzen eine Rolle. Bereits heute sind nicht wenige Konsumenten bereit, für ökologisch hergestellte Schweizer Qualitätsprodukte etwas mehr zu bezahlen.
Der qualitative Teil der Studie zeigt zudem: Steht die Schweiz bei einer umfassenden Marktöffnung abseits, ist insbesondere der Käsemarkt und die Nahrungsmittelindustrie gegenüber den EU-Mitbewerbern benachteiligt. Dies würde sich auch negativ auf die Schweizer Landwirtschaft auswirken.
Experten aus diesen Sektoren kommen einhellig zum Schluss, dass die Beibehaltung des Status quo keine Alternative für die Zukunft der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft darstellt. Sie sehen eine Marktöffnung zwar als grosse Herausforderung, sind aber überzeugt, dass sich die Schweiz mit ihren Qualitätsprodukten auf neuen Märkten gut positionieren kann, sofern sie diese auch gut vermarktet.
Die Studie haben hauptsächlich Jacques Chavaz, ehemaliger stellvertretender Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft, und Martin Pidoux, Dozent an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften erstellt. Die IG Agrarstandort Schweiz (IGAS) hat sie zusammen mit Economiesuisse, dem Migros-Genossenschafts-Bund und Nestlé in Auftrag gegeben.
Kommentar
Bauern müssen sich vorbereiten
Die Abschottung der Agrarmärkte behindert die exportorientierte Industrie. Der Druck auf den Grenzschutz wird deshalb weiter zunehmen. Die Landwirtschaft muss sich dem Öffnungsprozess stellen, wenn sie von den Entwicklungen nicht überrollt werden will.
Die Bauernlobby konnte bisher eine Öffnung des Agrarmarktes verhindern. Wahrscheinlich wird sie aber einen Anschluss der Schweiz an das TTIP-Abkommen nicht abwehren können, denn ein Ausschluss würde unsere Industrie und den Dienstleistungssektor in existenzgefährdendem Ausmass gefährden. Vor dem Hintergrund, dass die Landwirtschaft lediglich 0.7 Prozent zum Bruttoinlandprodukt der Schweiz beiträgt, kann unser Land sich das nicht leisten.
Freihandelsabkommen der Schweiz mit wichtigen Partnern wie den Vereinigten Staaten, Brasilien oder Australien scheiterten in der Vergangenheit vor allem, weil die Bauern sich querstellen. Ohne Zugeständnisse bei Agrarimporten wird es jedoch nicht möglich sein, hier vorwärts zu kommen.
Es liegt im eigenen Interesse der Bauern, sich endlich auf die Zukunft vorzubereiten. Je früher die Liberalisierung angegangen wird, desto sachter können die Schritte vollzogen und desto besser die Bauern dabei unterstützt werden. Durch Marktöffnungen tun sich neue Möglichkeiten auf. Das hat der Käsefreihandel eindrücklich bestätigt. Auch beim Wein hat sich die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Anbieter verbessert. Es ist deshalb nur folgerichtig, weitere Öffnungen einzuleiten.
- Preisüberwacher: Agrarzölle kosten Konsumenten Milliarden
- TTIP: Schweizer Bauern droht Schocktherapie
- Internationalisierung der Agrarmärkte: Raus aus der Commodity-Ecke!
Dossier: Agrarpolitik
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