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19.04.2018

Die grösste Hürde ist die Schwellenangst

Gastronomie in historischem Umfeld

Traditionsbetriebe haben ein Alleinstellungsmerkmal, welches aber in keiner Weise davon entbindet, auf die Angebotsqualität zu achten. Der historische Rahmen ist eine schöne Verpackung – mehr nicht. Letztlich kommt es auf den Inhalt an. Ein Gespräch mit Sascha Brestler vom Restaurant Schlüsselzunft in Basel.

Sascha Brestler ist zusammen mit Andreas Übersax, Rolf Rentsch und Roger Lehmann Inhaber der Solbad Gastronomie AG, welche seit 2001 den Gasthof Solbad in Schweizerhalle, seit 2003 den Sommerpark am Rhein und seit 2007 die traditionsreiche Schlüsselzunft in Basel führt. 2019 wird das eingespielte Führungsteam das Schloss Schadau an den Gestaden des Thunersees eröffnen – mit einem neuen gastronomischen Konzept.

Ist es ein Vor- oder ein Nachteil, in einem historischen Lokal zu wirten?

Die Vorteile sind bei einem Traditionslokal oft gleichzeitig auch die Nachteile. Man hat regionale Bekanntheit, wird dadurch aber auch an früheren Pächtern und Konzepten gemessen. Zudem hat jeder Gast seine Erwartungen an ein Traditionslokal, welche nicht immer erfüllt werden können. Auch Altlasten und Vorurteile gehören in diese Kategorie. Die grösste Hürde ist jedoch die Schwellenangst, die solche Häuser oft mit sich bringen.

Gibt es tatsächlich Leute, die sich nicht in die Schlüsselzunft getrauen?

Viele Basler sehen in der Schlüsselzunft nur den teureren à la carte-Bereich und kennen das einfachere Bistro gar nicht. Dies wird auch im Schloss Schadau eine Herausforderung: Es war bisher ein Gault- Millau-Lokal, neu wird es gemäss unserem Konzept ein Wohn- und Esszimmer für die Bevölkerung.

Welche operativen Herausforderungen stellen sich in historischen und denkmalgeschützten Gebäuden und Räumen?

Neben höheren Personalkosten, logistischen Herausforderungen und kostenintensiverem Unterhalt, braucht es Vermieter, die nicht in erster Linie renditeorientiert und auch bereit sind, hohe Investitionen zu stemmen. In der Schlüsselzunft war der Einbau des Liftes zum Erfüllen der Handicap-Anforderungen im Einklang mit dem Denkmalschutz eine finanzielle Herausforderung. Im Schloss Schadau wird vor allem die Restauration der einmaligen Ledertapeten und ebenfalls der Lifteinbau einen grossen Teil des Budgets einnehmen.

Wie können Traditionsbetriebe aus ihrer Geschichte Kapital schlagen?

Natürlich ist die jeweilige Geschichte des Hauses ein positives Alleinstellungsmerkmal und kann, vor allem in der Anfangskommunikation, hilfreich sein. In erster Linie ist es jedoch das Wichtigste, seinen Job als Gastgeber so gut wie möglich zu machen. Wegen eines Alleinstellungsmerkmals kommen die Gäste vielleicht einmal, wenn die Dienstleistung nicht stimmt, nie mehr.

Ist «Tradition» an sich ein Mehrwert?

Tradition ist zwar allein noch kein Zeichen für Qualität, sie hilft aber, aus der Masse zu ragen. Eine solide Dienstleistung von Herzen, unterstützt von Geschichte und Tradition, hat definitiv auch einen finanziellen Mehrwert.

Als Gastgeber haben wir grossen Respekt und auch eine Verpflichtung für die Geschichte des Hauses. Diese ist jedoch «nur» die Verpackung des eigentlichen Produktes. Wenn die Dienstleistung nicht hält, was sie verspricht, ist ein auf die Tradition reduziertes Geschäftskonzept nicht nachhaltig. Wir müssen jeden Tag so gut sein, dass wir auch ohne die Tradition überleben könnten. Die Tradition ist die Krönung, für welche wir sehr dankbar sind.

Lassen sich aus der Geschichte werbewirksamen Ideen schöpfen?

Die über 700jährige Geschichte der Schlüsselzunft ist für uns zentral. Sie fliesst immer wieder in die Kommunikation mit ein. Natürlich ist es auch in der Gästebindung ein Mehrwert, wenn nach einem tollen Essen noch eine spannende Hausführung angeboten wird. Bei Banketten werden wir oft gebeten, ein paar Minuten zur Geschichte am Anlass selber zu erzählen. Dies machen wir sehr gerne.

Arbeiten Sie die Geschichte Ihrer Lokale systematisch auf?

Traditionslokale verfügen meistens über vorhandene Geschichten und sind in entsprechender Literatur bereits vermerkt. Diese Informationen muss man zusammenfassen und den Gästen zugänglich machen. In der Schlüsselzunft haben wir das Glück, dass die E.E. Zunft zum Schlüssel die Geschichte stetig aktuell hält. Wir können diesen Fundus nutzen. Dies beispielsweise mit Informationen zum Kachelofen, dem Wandbild von Samuel Buri oder der Zunftvergangenheit.

In historischen Räumen wird meist klassische Gastronomie angeboten. Engt das ein?

In der Schlüsselzunft, wie ab 2019 auch im Schloss Schadau, soll moderne und echte Gastfreundschaft in geschichtsträchtigen Mauern geboten werden, ohne verstaubt zu wirken. In Zusammenarbeit mit einer Eventagentur gibt es übrigens Zünfte-Dinners in drei verschiedenen Zunfthäusern. Wir arbeiten eng mit Basel Tourismus zusammen und pflegen unsere Online-Bewertungen auf den Portalen. Mittlerweile haben wir einen tollen Gästemix aus Einheimischen und Touristen.

Welche Sehnsüchte bringen die Gäste in Ihre Häuser?

In der heutigen Zeit suchen Gäste «das Echte», und dies bezieht sich auf Produkte, die Gastfreundschaft und die Geschichte. Betriebe, die einzig von der Lage und der Tradition leben, werden es in Zukunft noch schwieriger haben.

Sascha Brestler mit seinen Geschäftspartnern: «Eine solide Dienstleistung von Herzen, unterstützt von Geschichte und Tradition, hat auch einen finanziellen Mehrwert.» Bild: Solbad Gastronomie


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