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17.05.2019
«Jimmy Carter fragte nach einem Doggy Bag»
Interview mit Anton Mosimann
Anton Mosimann, der seit rund 40 Jahren für das britische Königshaus kocht, wird von GastroSuisse mit dem erstmals verliehenen Ehrenpreis «La flamme de l’accueil» ausgezeichnet. Im Interview verrät der Starkoch, wie er sich so lange an der Spitze halten kann und weshalb Koch für ihn noch immer ein Traumberuf ist.
«Life is a circus» Anton Mosimann (72), Sohn eines Gastgeberehepaars, zählt zu den bekanntesten und erfahrensten Schweizer Köchen, der seit rund 40 Jahren die britische Königsfamilie bekocht. Er startete seine Karriere in der Schweiz, arbeitete danach in aller Welt, etwa von 1966 bis 1969 in Montreal und von 1975 bis 1988 im Londoner Fünf-Sterne-Hotel Dorchester. Schon vor 30 Jahren hat er die «cuisine naturelle» ohne Butter, Rahm und Fett ins Leben gerufen.
Er ist seit bald 50 Jahren mit Kathrin verheiratet und pendelt zwischen London und Montreux. Das Paar hat zwei Söhne, die im Mosimann’s Club arbeiten, sowie fünf Grosskinder. Sie erhalten den erstmals von GastroSuisse verliehenen Ehrenpreis «La flamme de l’accueil» für Ihre herausragenden Leistungen.
Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Anton Mosimann: Sie ist eine grosse Ehre, ein Höhepunkt in der Karriere, eine Wertschätzung und Anerkennung für das, was ich gemacht und im Beruf erreicht habe – auch dank meinen Mentoren. Mit ihnen möchte ich diese Auszeichnung teilen.
Jetzt bin ich in einem Alter, in dem ich der Branche auch etwas zurückgeben möchte: Ich motiviere gerne junge Leute für diesen wunderbaren Beruf und gratuliere den Nachwuchskräften, die diesen Job gewählt haben.
Es gibt doch nichts Schöneres, als den Gast mit einem guten Essen und entsprechendem Service glücklich zu machen! Auch heute noch kann ich es kaum erwarten, mein Chefjäggli anzuziehen und in der Küche zu arbeiten. Klar gibt es dort auch mal schwierige Phasen. Aber bei mir ist das Glas bildlich gesprochen immer halb voll.
Was geben Sie einem jungen Koch heute auf den Weg?
Ich erzähle den Nachwuchskräften gerne aus meiner speziellen Karriere. Wenn sie das aus erster Hand hören, wirkt das viel glaubwürdiger, als wenn sie es irgendwo lesen. Ich durfte auf der ganzen Welt mit so vielen Nationalitäten und Kulturen zusammenarbeiten. Wichtig ist beim Kochberuf die Bereitschaft, hart zu arbeiten. Dann hat man Erfolg.
Hart arbeiten reicht noch nicht. Was braucht es, um erfolgreich zu sein?
Diese positive Einstellung, ein geeignetes Vorbild, wie das ein Lehrmeister sein kann, ein Ziel und den Willen, etwas Neues mit Erfolgshunger zu lernen. Mein Ratschlag: Man sollte das Haus auf solidem Grund bauen und sich in der Karriere weiterbilden.
Ich hatte mit 15 zwei Lehrchefs. Der eine war ein Gentleman, der andere schrie ständig in der Küche herum. Ich wusste schnell, wie ich es einmal machen möchte: Ich wurde in meiner Karriere nie laut.
Das Menschliche ist mir sehr wichtig. Ich reiche noch heute jedem Küchenangestellten vor der Arbeit die Hand. Es ist entscheidend, ein gutes Team zu bilden, den Angestellten die Freude am Beruf zu zeigen, zu führen und zu motivieren. Der Vorgesetzte muss ein Vorbild sein, in der Freizeit auch mal zur Teambildung gemeinsam etwas unternehmen. Sonst verlieren wir diese Fachkräfte.
Sie haben über 50 Jahre Erfahrung in der Gastronomie. Wie haben sich die Kunden verändert?
Die Gäste stürzen sich nicht mehr in Smokings und kleiden sich leger. Die Nachfrage ist ganz anders als früher. Ich erinnere mich an ein Bankett für 250 Personen im Hotel Dorchester in London: Der Oberkellner kam vor vielen Jahren schreiend in die Küche und sagte, unter den Gästen möchte einer vegetarisch essen. Er sei jetzt schon seit 31 Jahren Oberkellner und habe so etwas noch nie erlebt. Heute haben 10 von 30 Gästen verschiedene Diäten. Ich respektiere das mit einem Lächeln, denn ich weiss ja nicht, aus welchem Grund das so ist.
Gehört dieses Eingehen auf den Kundenwunsch zu Ihrem Patentrezept, um sich so lange in der Topliga der Köche halten zu können?
Es braucht Freude und eine gewisse Disziplin. So bin ich auch erzogen worden. Allein in der Schweiz arbeitete ich als junger Koch in fünf verschiedenen Palace-Hotels. Das hat mich geprägt. Und ich suche stets ein wenig das Bessere. Wenn ich beispielsweise einen Lauch erhalte, überlege ich mir, wie ich ihn anders und besser zubereiten kann.
Ich war nicht mal 30 Jahre alt, als ich in London Chef von 132 Köchen wurde. Viele meiner Angestellten haben sich gefragt, wieso ich diese Beförderung erhalten habe und nicht sie. In dieser herausfordernden Zeit habe ich wohl meine Haare verloren … (lacht). Aber es hat sich gelohnt, den andern etwas vorzumachen und nebenbei sich mit Kursen weiterzubilden.
Mit welchen Projekten beschäftigen Sie sich momentan?
Durchschnittlich einmal pro Monat bin ich ein paar Tage in unserer Wohnung in Montreux, erledige viel Korrespondenz und gehe an Wohltätigkeitsveranstaltungen. In Le Bouveret befindet sich mit der Mosimann Collection die grösste Kochbüchersammlung der Welt mit 6000 Exemplaren sowie meinen 50 Goldmedaillen. Gerade für junge Leute lohnt sich der Besuch, denn er wirkt motivierend und inspirierend. Die Besucher sollten sich denken: Was der Mosimann kann, kann ich auch.
Wie sieht Ihr Alltag in London aus?
Dort gehe ich fünfmal pro Woche ins Fitness. Das ist für mich mental und physisch wichtig. Auf dem Laufband kommen mir die besten Ideen, dort plane ich meinen Tag. Ich muss jedoch nicht mehr täglich in der Küche stehen.
Nur wollen jene, die 30 Jahre den Mitgliederbeitrag für mein Londoner Restaurant gezahlt haben, den Anton auch live sehen. Mittags gehe ich dann in die Küche von Mosimann’s Club und begrüsse die Mannschaft, die pro Tag bis zu acht Bankette mit 10 bis 50 Leuten und à la carte kocht. Nachdem ich mich mit den Küchenchefs besprochen habe, gehe ich nachmittags auf die Zimmerstunde, um abends wieder im Restaurant präsent zu sein.
In Ihrer Autobiographie «Life is a circus» sieht man Bilder und persönliche Widmungen von Stars wie Bond-Darstellern, Tennisassen oder Politikern. Welche Persönlichkeit hat Sie am meisten beeindruckt?
Dieser Bildband zeigt 265 Schwarzweiss-Fotos von Prominenten. Da ist es unheimlich schwierig, Einzelne zu erwähnen. Jedes Bild hat eine eigene Geschichte. Ich weiss noch immer im Detail, was passiert ist und was ich gekocht habe.
Lady Diana und Kofi Annan waren beispielsweise unglaublich charmant, freundlich und zuvorkommend. Auch Prinz Charles ist eine nette Person. Für ihn koche ich seit 32 Jahren. In diesen Tagen bereite ich für ihn sogar fünfmal in einer einzigen Woche im Buckingham Palace ein Menü zu.
Wissen Sie schon was?
Etwas Gutes!
Was ist das?
Was er gerne hat. Ich möchte keine Details bekanntgeben. Nur so viel: Wir reden miteinander sehr unkompliziert, so wie Sie und ich grad jetzt. Es ist toll, wenn man solche Persönlichkeiten durch das gute Essen kennenlernt.
Wenn ich auf all die Fotos zurückblicke, bin ich auch ein wenig stolz auf das Erlebte. Jimmy Carter war einst so begeistert von meinem Dessert in Washington DC, dass er nach einem Doggy Bag fragte. Es war ein einfacher Bread-and-Butter-Pudding, den ich bewusst nur mit 10 Prozent altem Brot, lauwarm und aprikotiert servierte. Als ich Carter Jahre später in London traf, erinnerte er sich noch bestens an das Bankett und den Doggy Bag.
Das Leben ist eben wirklich ein Zirkus, und ich durfte durch den Kochberuf ein äusserst interessantes Leben haben. Eine Allergie habe übrigens auch ich: Food Waste!
Reto Wild / GastroJournal
- GastroJournal
- GastroSuisse-Ehrenpreis für den Spitzenkoch Anton Mosimann
- Mosimanns einzigartige Kochbuch- und Menükartensammlung
Dossier: Gastronomie
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