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30.12.2020

Der ominöse R-Wert

Wie die Politik Entscheide aufgrund unsicherer Zahlen fällt

Am 4. Dezember wurde in der Schweiz ein Reproduktionswert von 1.13 angegeben. Gemäss Schätzungen der ETH steckten an jenem Tag also 100 Corona-Infizierte durchschnittlich 113 weitere Personen an. Die Berechnungen für den gleichen Stichtag wurden seither auf 1.05 und kürzlich sogar auf 1.0 korrigiert. Die epidemiologische Lage war also wesentlich besser als vermutet!

Da der Bundesrat irrtümlich von einem exponentiellen Wachstum ausging, hat er am 11. Dezember beschlossen, die Restaurants um 19 Uhr zu schliessen. Eine Woche später verkündete er einen Lockdown bis 22. Januar 2021.

Die Restaurationsbetriebe wurden nicht in erster Linie geschlossen, weil es dort besonders viele Ansteckungen gab. Im Gegenteil: Wohl auch dank Schutzkonzepten samt Sitzpflicht und Personenbeschränkungen kam es im Gastgewerbe zu relativ wenig Infektionen.

Der tiefe Grund der Restaurantschliessungen liegt in der Tatsache, dass man das öffentliche Leben lahmlegen will: Die Leute sollen zuhause bleiben – und das tun sie am ehesten, wenn sie keine Möglichkeit zur gemütlichen Einkehr haben. Nur hat das zur Folge, dass viele Menschen sich in privatem Rahmen treffen, wo es keine Schutzkonzepte gibt…

Bekanntlich können Kantone mit bestimmten epidemiologischen Voraussetzungen Restaurants und Bars bis 23 Uhr öffnen. Die Reproduktionszahl muss während sieben aufeinanderfolgenden Tagen unter 1 liegen. Zudem müssen die letzten sieben Werte des gleitenden Siebentagesdurchschnitts unter dem schweizerischen Durchschnitt der laborbestätigten Fallzahlen liegen.

Kantone wie Uri und Basel-Stadt liegen nah daran, Restaurants öffnen zu können. Wie sinnvoll das auf lokaler Ebene ist, wenn die Betriebe aufgrund der starren Regeln und offensichtlich unzuverlässiger Zahlen eine Woche später wieder schliessen müssen, sei dahingestellt. Es bräuchte also eine gewisse Verlässlichkeit, dass die Betriebe offenhalten können.

Tatsache ist, dass der R-Wert, die 7-Tage-Inzidenz und die Hospitalisierungen darüber entscheiden, wo und wann die Gastronomie wieder öffnen darf. Der Lockdown wird nur dort beendet, wo diese Zahlen «stimmen». Schlimmstenfalls können dann die Restaurants nicht öffnen, weil die Spitäler voll mit Patienten der regulären Influenza gefüllt sind, für die es offenbar keine separate Statistik mehr gibt.

Was bedeutet dies für die Zeit nach dem 22. Januar 2021? Es ist leider höchst unsicher, ob die Restaurants, Cafés und Bars überall in der Schweiz wieder öffnen dürfen. Denn das oben Beschriebene wird vermutlich auch umgekehrt gelten: Stimmen die Zahlen nicht, müssen die Betriebe geschlossen bleiben.

Das Berufsverbot für Gastronomen muss aber dringend aufgehoben werden. Denn nichts ist schlimmer als ein Lockdown ohne genügend hohe Ausfallentschädigung. Schon jetzt sollten sich die Behörden zudem überlegen, wie das soziale Leben möglichst rasch und sicher wieder hochgefahren werden kann. Bankette, Tagungen, Messen, Sport- und Kulturveranstaltungen müssen mit Schutzkonzept wieder möglich werden!

Erwarten die Entscheidungsträger vom Gastgewerbe und den Kulturbetrieben weiterhin einen Dienst an der Volksgesundheit, so braucht es Ausfallentschädigungen, die sämtliche Fixkosten decken. Mit Härtefallhilfen, zumal mit solchen, deren Kriterien fragwürdig sind, ist es nicht getan!

Maurus Ebneter
Präsident Wirteverband Basel-Stadt


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