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18.10.2022

2x Nein zum Basler Klima-Alleingang

Unrealistische Ziele gefährden eine wirksame Klimapolitik

Sowohl die sogenannte «Klimagerechtigkeits-Initiative» als auch der Gegenvorschlag sind kontraproduktiv. Der gefährliche Basler Alleingang gefährdet mit seinen unrealistischen Zielen eine wirksame Klimapolitik. Deswegen setzt sich das breit abgestützte Komitee «für eine realistische Klimapolitik» gegen die Einführung eines rein kantonalen, (inter-)national nicht abgestimmten Netto-Null-Ziels in Basel-Stadt ein, wie an der Medienkonferenz zum Kampagnenstart in Basel ausgeführt wurde.

«Wir sehen die Herausforderungen, vor welche uns der Klimawandel stellt. Und wir sind der Meinung, diese gilt es erst zu nehmen. Genau deswegen gilt es, Massnahmen durchdacht, vorausschauend und vor allem koordiniert zu planen.» Vor diesem Hintergrund seien die sogenannte «Klimagerechtigkeits-Initiative» (KGI) und der Gegenvorschlag abzulehnen.

Mit diesen Worten eröffnete Daniel Seiler, Präsident FDP Kleinbasel und Vorstandsmitglied des ACS Sektion beider Basel, die Medienkonferenz im Schützenhaus zum Kampagnenstart «2x Nein zum Klima-Alleingang». Die Kampagne wird vom breit abgestützten Komitee «für eine realistische Klimapolitik» getragen. Dieses setzt sich aus zahlreichen Verbänden, Parteien und engagierten Einzelpersonen zusammen.

Während die KGI für Basel-Stadt erreichen will, dass in Basel-Stadt der Ausstoss an klimarelevanten Gasen bis 2030 netto Null beträgt, soll dieses Ziel mit dem Gegenvorschlag bis 2037 erreicht werden. Beide Ziele sind unrealistisch. Erfolglos hatte sich der Regierungsrat in der Grossratsdebatte vom 14. September 2022 sowohl gegen die Initiative als auch den vorliegenden Gegenvorschlag gewehrt.

Beatrice Isler, Präsidentin Die Mitte-Frauen Basel-Stadt und ehemalige Grossrätin, betonte, es sei wichtig, dass sich Basel-Stadt trotz des heute schon im nationalen und internationalen Vergleich sehr geringen CO2-Ausstosses auch künftig für eine signifikante Senkung der Treibhausgasemissionen engagiere. «Doch übereifrige Klimaziele sind kontraproduktiv.»

Eine Annahme der Initiative oder des Gegenvorschlags hätte zur Folge, dass ein ausführlicher Massnahmenplan ausgearbeitet werden müsse. «Um die ohnehin nicht erreichbaren Ziele der Initiative und des Gegenvorschlags zu erreichen, müssten drastische Konsumverzichtsmassnahmen und Verbote ausgesprochen werden», so Isler. Statt auf Effizienz und Innovation werde auf Verzicht und Verbote gesetzt.

«Wenn die Ziele dann trotz der hohen Kosten und des hohen Einsatzes für die Bevölkerung nicht erreicht werden können, dann besteht grosses Frustpotenzial und die Bevölkerung ist nicht mehr bereit, weitere Anstrengungen für einen langfristig wirkungsvollen Klimaschutz zu leisten», sagte Beatrice Isler. Durch die Übereile würden die langfristigen, internationalen Ziele für einen wirksamen Klimaschutz missachtet. «Damit steht ein echter und ernst gemeinter Klimaschutz auf dem Spiel.»

Hinzu kämen die exorbitanten Kosten. «Die vom Regierungsrat in Auftrag gegebene, unabhängige Infras-Studie rechnet mit Zusatzkosten in der Höhe von 2.3 Milliarden Franken bis 2030», rief Beatrice Isler in Erinnerung und gab zu bedenken: «Aufgrund der notwendigen Sanierungen unter hohem Zeitdruck werden die Mieten steigen, wovon Mieterinnen und Mieter betroffen sind.

Aber auch Eigentümerinnen und Eigentümer werden mit hohen Kosten konfrontiert, indem noch funktionierende Heizsysteme innert kürzester Frist ersetzt werden müssen.» Auf diese Weise finde laut Beatrice Isler auch eine ökologische Wertvernichtung statt. «Die Rede ist von der grauen Energie, die freigesetzt wird.»

Andreas Meyer, Inhaber dreier KMU in den Bereichen Haustechnik und Gebäudehülle sowie Präsident des Branchenverbands Gebäudehülle Schweiz Sektion Basel-Stadt, kam auf den Fachkräftemangel zu sprechen. Dieser mache es unmöglich, die Klimaziele der KGI und des Gegenvorschlags zu erreichen.

«Die Zahl der Auszubildenden in unserer Branche ist leider stark rückläufig. Im Jahr 2013 waren 897 Lernende schweizweit in Ausbildung. Stand 2020 waren es lediglich 735 Lernende.» Die Ausbildung zum Solarspezialisten starte voraussichtlich im Jahr 2024. «Somit kommen die ersten ausgebildeten Solarspezialisten frühestens 2027 auf den Arbeitsmarkt», gab Andreas Meyer zu bedenken.

Zum Problem des Fachkräftemangels kommt laut dem Gebäudehüllenfachmann, dass durch die weltweit erhöhte Nachfrage nach erneuerbaren Wärmeversorgungsmöglichkeiten und Lieferengpässen die Wartefristen für Wärmepumpen oder Solaranlagen steigen. «Die Wartefrist für eine Solaranlage beträgt zurzeit ein halbes Jahr, auf eine Luft-Wasser-Wärmepumpe muss bis zu einem Jahr gewartet werden.»

Und auch der vollständige Ausbau der Fernwärme werde sich noch über Jahre hinziehen. «Im Ratschlag zum Ausbau der leitungsgebundenen Wärmeversorgung durch die IWB wird festgehalten, dass das Jahr 2035 als Zieljahr für den Ausbau der Fernwärme als ungefährer Richtwert dient, was jedoch von zahlreichen Experten als völlig illusorisch betrachtet wird. Das Erreichen von Netto-Null bei energiebedingten Emissionen im Gebäudebereich ist daher sowohl bis 2030 als auch 2037 schlichtweg unmöglich.»

Demi Hablützel, Präsidentin Junge SVP Basel-Stadt, warnte vor einem Basler Alleingang. Für Basel-Stadt gelte aufgrund der Kleinräumigkeit «Netto-Null = Brutto-Null». Dies, weil natürliche Ansätze wie Aufforstungen auf dem kleinen und beschränkten Gebiet des Kantons Basel-Stadt nicht möglich sind. Deswegen komme auch der Regierungsrat in seiner Berichterstattung zum Schluss, dass ein Netto-Null Ziel in Basel-Stadt ein Brutto-Null Ziel bedeute. «Das heisst konkret für Basel-Stadt: Überhaupt keine Treibhausgase mehr», sagte Demi Hablützel.

«Der Kanton Basel-Stadt allein kann die Klimakrise nicht bewältigen. Damit die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden können, braucht es eine national und international koordinierte Zusammenarbeit.» Dazu habe der Bundesrat im Rahmen des Pariser Klimaabkommens 2019 angekündigt, dass die Schweiz bis im Jahr 2050 klimaneutral sein solle. Selbst die Gletscherinitiative und der vor Kurzem beschlossene Gegenvorschlag unterstützen diese Stossrichtung.

Demi Hablützel verwies im Weiteren darauf, dass eine Reduktion auf baselstädtischem Gebiet bis ins Jahr 2030 lediglich 1.5 Prozent der gesamtschweizerischen Reduktionen seit 1990 entspreche. «Dieser marginale Anteil an der gesamtschweizerischen Reduktion ist mit sehr grossem Aufwand verbunden. Durchschnittlich müssen im Kanton Basel-Stadt bis 2030 Mehrinvestitionen von 332 Millionen Franken pro Jahr getätigt werden. «Dies entspricht total 2,324 Milliarden Franken.»

Die Effektivität der Ausgabe eines derart hohen Betrags für eine schweizweiten Reduktionsanteil von anderthalb Prozent sei fraglich. «Der weltweite Beitrag zur Lösung des Klimaproblems wäre weitaus grösser, wenn dieser Betrag in die Klimaforschung investiert werden würde.»

Als Fazit wurde zum Schluss der Medienkonferenz festgehalten, dass Klimapolitik nicht kontraproduktiv und nicht unrealistisch sein darf. Zielführend sei nicht ein Basler Alleingang, sondern eine Klimapolitik in Anlehnung an das Pariser Klimaabkommen und im Einklang mit den Klimazielen des Bundes und unserer Nachbarkantone mit einem Netto-Null-Ziel bis 2050. Deswegen seien sowohl die KGI als auch der Gegenvorschlag abzulehnen. Die Vorlagen gelangen am 27. November 2022 zur Abstimmung.

Bild: klima-alleingang.ch


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