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14.09.2023
Mit Kernkraft wäre Energiewende sicherer und günstiger
Längere Laufzeiten senken Kosten um etwa 11 Milliarden Franken
Für eine verlässliche, klimaneutrale und wirtschaftliche Stromversorgung braucht es insbesondere im Winter «viel von allem» – Erneuerbare und Kernkraft können eine wichtige Rolle spielen. Im Auftrag von Economiesuisse hat das Energy Science Center der ETH Zürich entsprechende Szenarien berechnet. Längere KKW-Laufzeiten senken die Kosten des Energiesystems um etwa 11 Milliarden Franken und entschärfen die Winterstromlücke. In einem Szenario mit zusätzlich einem neuen KKW nach 2040 würde die Versorgungssicherheit weiter gestärkt.
Der «Mantelerlass» ist im Parlament auf der Zielgeraden, die erneuerbaren Energien sollen bis 2050 massiv ausgebaut werden. Doch sind die Ziele dieses neuen Referenzszenarios erreichbar und haben wir damit auch genügend Winterstrom? Und können wir in Zukunft ganz auf KKW verzichten? Diesen Fragen ist das Energy Science Center der ETH Zürich im Auftrag von Economiesuisse nachgegangen.
Die nun vorliegenden Studienergebnisse zeigen: Der Mantelerlass ist notwendig, reicht aber nicht aus, um die ambitionierten Ziele zu erreichen (bis 2035 sollen 35 TWh Erneuerbare zugebaut werden, bis 2050 45 TWh).
Im Referenzszenario wachsen die Netto-Importe im Winter ausserdem auf bis zu zehn Terawattstunden an – das entspricht etwa dreimal dem jährlichen Stromverbrauch der Stadt Zürich. Alternativszenarien mit langen Laufzeiten der bestehenden KKW sind deutlich günstiger und sicherer.
Ein zusätzliches, neues KKW ab 2040 würde die Versorgungssicherheit weiter stärken und hätte auch wirtschaftliche Perspektiven, wobei Unsicherheiten bei den Investitions- und Finanzierungskosten bestehen. Dabei konkurrenziert der KKW-Strom den Solarausbau auf den Dächern praktisch nicht – Erneuerbare und Kernkraft sind kein «entweder-oder», sondern ein «sowohl als auch».
Tiefere Systemkosten, höhere Versorgungssicherheit
Stand heute ist damit zu rechnen, dass Beznau 1 und 2 sechzig Jahre in Betrieb stehen, Gösgen und Leibstadt jeweils fünfzig Jahre. Damit würde das letzte KKW in der Schweiz 2034 vom Netz gehen. Die vorliegende Studie analysiert die Auswirkungen einer Laufzeitverlängerung auf 65, respektive 80 Jahre.
Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache: Lange Laufzeiten machen das Stromsystem bis 2050 insgesamt rund 11 Milliarden Franken günstiger. Damit könnten die Fördermassnahmen des kürzlich vom Souverän angenommenen Klimaschutzgesetzes drei Mal bezahlt werden.
Die erwähnte Winterstromlücke liesse sich bis 2050 schliessen. Die KKW stehen in einer Symbiose mit der Fotovoltaik und liefern zuverlässig, vor allem zur kalten Jahreszeit.
Auch ein Szenario mit einem neuen KKW ab 2040 schneidet im Vergleich zum Referenzszenario «Mantelerlass» gut ab (Systemkostenreduktion von rund 12 Milliarden Franken und Schliessung Winterstromlücke – ohne Berücksichtigung der Investitionskosten eines neuen KKW).
Bei den Investitions- und Finanzierungskosten bestehen Unsicherheiten, weshalb wirtschaftlich im Endeffekt bis 2050 sowohl Einsparungen als auch Mehrkosten möglich sind. Da der Betrachtungszeitraum des Modells 2050 endet, sind die Effekte des Zubaus allerdings nicht vollständig abgebildet. Substanzielle zusätzliche Vorteile in den Bereichen Versorgungssicherheit mit klimaneutralem Strom bis etwa 2100 sind sehr wahrscheinlich.
Weitere Vergleiche von Szenarien und Sensitivitäten machen ausserdem deutlich, dass für die Versorgungssicherheit im Winter alternativ auch erneuerbare Grossanlagen helfen können: Fotovoltaik auf Dächern wird in jedem Szenario massiv ausgebaut, stellt aber allein keine Versorgungssicherheit her. Dafür braucht es entweder die Energie aus verlängerten oder neuen Kernkraftwerken, oder einen gleichwertigen Ausbau von Wind- und alpinen Solaranlagen (Freiflächen).
Die Resultate deuten klar darauf hin, dass ein Vielfaches der im «Solarexpress» und in der «Windbeschleunigungsvorlage» vorgesehenen Kapazitäten nötig wären. Sowohl auf KKW als auch auf andere erneuerbare Grossanlagen zu verzichten, geht nicht.
Auch zum Verhältnis Schweiz-Europa liefert die Studie Interessantes zutage: Die EU sieht ab 2025 vor, dass 70 Prozent der Netzkapazitäten für den Stromhandel im Binnenmarkt reserviert sind. Der Handel mit der Schweiz könnte damit eingeschränkt werden, was die Studie in einer Sensitivität abbildet.
Es zeigt sich: Ohne einen Austausch mit Europa wird das Stromsystem bis 2050 insgesamt rund 50 Milliarden Franken teurer und es braucht noch grössere Anstrengungen, um den Winterbedarf mit inländischer Produktion zu decken.
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Dossier: Energie
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